Heute stellen wir euch einen weiteren japanischen Yokai vor, welcher nicht so bekannt ist wie seine Brüder und Schwestern: der Chochin Obake. Hierbei wird aus einer Papierlaterne gerne mal ein Geist, der sein Unwesen treibt. 1784 tauchte dieser Yokai erstmals in Schriften auf.
Die Kategorie der Tsukumogami
Der Chochin Obake gehört einer speziellen Kategorie von Yokai an, den Tsukumogami. Hierbei können laut japanischem Volksglauben Haushaltsgeräte und Musikinstrumente aller Art nach 100 Jahren ein Yokai werden, da sie dann so alt sind, dass sie eine Seele entwickeln.
Das Verhalten der neu entstandenen Yokai richtet sich dann danach, wie der Gebrauchsgegenstand vorher behandelt wurde. Wurde er mit Sorgfalt behandelt, bleibt er seinem Besitzer treu. War dieser jedoch schlecht zu ihm, hüpft der neue Yokai davon (beim Chochin Obake sogar manchmal mit einem eigenen Fuß) und erschreckt alle, die ihm über den Weg laufen.


Eine besondere Laterne
Die Chochin ist mit der chinesischen Papierlaterne verwandt. Ihr Rahmen besteht traditionell aus gespaltenem Bambus, der spiralförmig gewickelt ist. Außen befindet sich primär Papier (in einigen Fällen auch Seide), welches die Flamme im Innern vor Wind schützt.
Meist befindet sich diese spezielle Laterne im Freien. Im heutigen Japan werden Chochin aus Kunststoff mit elektrischen Glühbirnen hergestellt, und auch gerne als Souvenirs verkauft oder für Matsuri und Veranstaltungen hergestellt. Man findet sie ansonsten auch gerne mal vor Restaurants, wo sie beispielsweise Ramen oder andere Leckereien anpreisen.
Wie aber entsteht nun der Yokai in dieser Laterne? Nun, die Chochin teilt sich in einen oberen und unteren Teil und schon formt sich eine Zunge in der Mitte. Der Chochin Obake hat zudem noch zwei Augen, allerdings gibt es auch Illustrationen, in denen der Yokai nur ein Auge besitzt. Es gibt auch Fälle, in denen sich ein Gesicht, Hände, ein Torso oder Flügel bilden. Oder wie oben beschrieben ein Fuß, mit dem der Yokai sich fortbewegen kann.
Chochin Obake in diversen Medien
In folgenden Medien sieht man dieses Wesen immer wieder:
- in Kusazoshi: verschiedene Gattungen populärer Literatur mit Holzschnitt-Illustrationen während der japanischen Edo-Zeit (1600-1868) und der frühen Meiji-Zeit
- in Omocha-e: ein Genre des japanischen Holzschnitts Ukiyo-e, wobei diese Drucke eher für Kinder gemacht wurden
- in Karuta Kartenspielen: diese Spielkarten wurden Mitte des 16. Jahrhunderts von portugiesischen Händlern in Japan eingeführt. Im bekannten Obake Karuta Kartenspiel, welches ab der Edo Zeit populär wurde, taucht dieser Yokai ebenso auf.
- in Spielsachen während der Meiji und Taisho Zeit
- in Kinderbüchern und Haunted House Attraktionen
Eine Besonderheit dieses Yokai ist, dass er kaum in Legenden auftaucht oder in der Literatur. Vielmehr gibt es ihn in Bildern und es wird angenommen, dass er primär geschaffen wurde, um Kinder zu unterhalten und zu erschrecken. So soll vielleicht das nächtliche Herumstromern eingeschränkt werden, wenn einen plötzlich eine geisterhafte Papierlaterne erwischen kann.
In der neueren Zeit taucht die Gestalt des Chochin Obake im Game-Boy-Spiel Super Mario Land 2 auf, wo es versucht, mit seiner langen Zunge Mario zu treffen.


Hokusai und Chochin Obake
Auch der berühmte Künstler Hokusai hat in seinen „100 Geistergeschichten“ diesen Yokai verewigt. Hier geht es im Übrigen zu unserem Artikel zum Hokusai Museum, was unbedingt sehenswert ist! Auch diverse andere Yokai kann man dort entdecken.
Es gibt eine bekannte Sonderform dieses Yokai, mit Namen Chochin O-Iwa. Diese geht auf das Kabuki Stück Tokaido Yotsuya Kaidan zurück. Dort wird eine Frau namens O-Iwa Nyobo Iemon von ihrem Mann, dessen Geliebten und auch seiner Familie in den Tod getrieben. Ihr Geist taucht aber zum Ende des Stücks in einer Papierlaterne wieder auf. In dieser Gestalt tötet sie ihre Schwiegermutter und treibt ihren Ehemann, Tamiya Iemon, in den Tod. Diese Szene hat Hokusai dargestellt, aber auch andere Künstler neben ihm.
Nicht verwechseln!
Man sollte die Chochin Obake nicht verwechseln mit Chochinbi, welche Geisterlichter sind, die man öfter in alten Legenden und Sagen findet. Diese seltsamen Feuerkugeln tauchen oftmals in der Nähe von Reisfeldern im ländlichen Japan auf. Sie können symbolisieren, dass andere Yokai in der Nähe sind, und sehen Papierlaternen sehr ähnlich.
Am häufigsten werden sie den Kitsune zugeschrieben, doch auch andere Yokai können sie heraufbeschwören, wie zum Beispiel Tanuki, um ihren Weg in der Dunkelheit zu finden.
Lust auf noch mehr Yokai?
Zahlreiche weitere Yokai finden sich auf unserem Blog unter der Kategorie Mythologie.