Mehr als nur ein Garten, oder zwei …

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An einen Garten denkt man eher weniger wenn man an Tokyo denkt. Stellt man sich Tokyo vor, so denkt man oft erst einmal an eine Menge Beton. Häuser, die dicht an dicht stehen; Menschen, die jeden Tag aneinander vorbeihasten. All das kann Tokyo sein, doch immer wieder gibt es kleine grüne Oasen, die wie Inseln in dem städtischen Treiben sind, und nur darauf warten, gestrandeten Seelen ein paar Minuten der Ruhe zu bieten.

Auf unseren Streifzügen durch die Stadt, die wir nun seit 5 Jahren unser Zuhause nennen, begegnen uns immer wieder neue Ecken und Winkel, an denen wir zuvor vorbeigelaufen sind, ohne sie zu beachten. Zwei dieser besonderen Orte sind der botanische Garten Koishikawa und der Mukojima Hyakkaen.

Botanischer Garten Koishikawa

Zum botanischen Garten machten wir uns eines Tages auf, weil ich ein kleines Video von ihm gesehen hatte und dachte, dass wir schon lange keinen so großen Garten mehr besucht hatten. Mit der Bahn mussten wir ein Weilchen fahren, was aber in Tokyo recht normal ist, gelangten aber schnell an unser Ziel.

Die Schlange am Eingang war nicht allzu lang und so kauften wir fix unsere Tickets an einem Automaten, wie sollte es auch anders sein? Dieser ganz besondere Park gehört zur nahe gelegenen Tokyo Universität. Hier kann man tausende Baum- und Pflanzenarten entdecken. Wer japanische Gärten mag, wird hier genauso auf seine Kosten kommen, wie jemand, der in einem kleinen Wald umherwandern möchte.

Sowohl zur Zeit der Kirschblüte, als auch im Herbst, wenn das Herbstlaub bewundert werden kann, ist der Park bei Japanern beliebt. Als wir dort waren, sahen wir auch noch die letzten Reste einer blühenden Trauerkirsche, und es gibt auch eine Allee, welche zur passenden Zeit mit dem schönsten Herbstlaub strahlt. Ein mehrmaliger Besuch lohnt sich also auf jeden Fall.

Der botanische Garten liegt ganz in der Nähe zum Ueno Park, sollte aber nicht mit dem Koishikawa Korakuen verwechselt werden. Als wir dort waren, entschlossen wir uns, praktisch ein Mal im Kreis zu laufen. Die gesamte Fläche ist der groß, sodass man in Ruhe alles entdecken kann. Es gibt ein Gewächshaus mit zahlreichen Pflanzen aus Japan, aber auch viele tropische. Es gibt viele Wege, wilde Wiesen, kleine Wälder und uns begegneten natürlich die unterschiedlichsten Gruppen von Besuchern.

Selbst ein Künstler stand am Wegesrand und malte ein großes Gemälde mit Bäumen in diversen Grüntönen. Wir saßen eine Weile zwischen Picknick-freudigen Familien, die ihr eigenes Bento mitgebracht hatten und sich angeregt unterhielten. Es gab sogar einen kleinen Imbiss, an dem wir uns ein Eis kauften. Dieser bot auch das typische frisch zubereitete japanische Curry mit Reis an und kleine Köstlichkeit mit Fleisch, die in ein Blatt gehüllt war.

Das mysteriöse rote Gebäude, dass sich am Rande eines japanisch gestalteten Gartens befand, konnten wir leider nicht betreten, doch die Farbe strahlte zum blauen Himmel und dem saftigen Grün der Umgebung. Das Schöne war bei diesem Garten, dass alles doch relativ wild schien und naturbelassen, wodurch man sich fühlte wie in einem kleinen Abenteuer, wenn man die großen Wege verließ und die Umgebung erkundete.

Wir selbst machten uns nach dem Besuch auf den Weg zu einem nahe gelegenen Ramen-ya und aßen dort Ramen, welche speziell mit Ingwer zubereitet wurden. Sehr lecker! Danach gingen wir zu Fuß nach Hause, vorbei am Nezu Schrein und dem Ueno Park. Auch wenn der Heimweg so einige Stunden gedauert hatte, das Wetter war einfach zu schön, um drinnen in der Bahn zu sitzen.

Mukojima Hyakkaen

Ganz im Gegenteil zum großflächigen botanischen Garten Koishikawa ist der Mukojima Hyakkaen recht klein und überschaubar. Ihn entdeckten wir auf einem Spaziergang, als wir uns nach einem Sitzplatz umsahen, nachdem wir unsere fünfte Auffrischungsimpfung erhalten hatten.

Dieser kleine Garten hat eine ganz besondere Geschichte: In den Jahren 1804 bis 1830, als die Kultur der Edo-Zeit zu blühen begann, entschloss sich der wohlhabende Antiquitätenhändler Sahara Kiku dazu – mithilfe anderer Kunstliebhaber – einen Garten anzulegen. Man wollte sich gemeinsam an der blühenden Landschaft zusammen erfreuen.

Der Name Hyakkaen geht laut Legende auch darauf zurück, dass er hunderte Blumen enthalten sollte, die zu allen Jahreszeiten blühen. Zur Eröffnung bestand er jedoch hauptsächlich aus 360 Pflaumenbäumen, doch die Vielfalt wuchs stetig an. Dieser Garten ist der einzige erhaltene Blumengarten aus der Edo-Zeit, was ihn allein dadurch schon zu etwas Besonderem macht.

Um den Garten für die Nachwelt zu erhalten, schenkte der Eigentümer den Garten 1938 der Stadt Tokyo, und 1939 wurde er offiziell als kostenpflichtiger Garten für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Jahr 1978 wurde er von der nationalen Regierung als berühmte Stätte von historischer Bedeutung im Sinne des Gesetzes zur Erhaltung von Kulturgütern ausgewiesen.

Uns bleibt er jedoch dadurch in Erinnerung, da wir uns dort unter ein paar Blumenranken setzten und dem Rascheln des hohen Grases zuhören konnten. Es war so still, dass man hätte meinen können, Tokyo wäre vor der Tür geblieben. Wir schlenderten weiter und entdeckten auch einen kleinen Teich mit wunderschönem Blick zum Tokyo Skytree, der in diesem Moment nah und fern zugleich schien.

Es lohnt sich, einfach mal innezuhalten, abzuschalten und Kraft zu tanken, wenn man nicht zu weit wegfahren möchte aus der Hektik der Großstadt. Gärten sind ein idealer Ort dafür, einfach mal alles zu vergessen und nur zu staunen.

Weitere schöne Parks in der Region Tokyo sind unter anderem der Kiyosumi-Koen und der Shakuji Park im Bezirk Nerima, über die wir ebenfalls kleine Berichte auf diesem Blog verfasst haben.

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