Review – The Karaoke

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The Karaoke ist ein psychologisches 3D Horror Adventure vom kleinen japanischen Indy Studio Chilla`s Art. Es reiht sich wie schon The Convenience Store ein in eine Reihe von kurzen aber zuweilen intensiven Horrorerlebnissen, welche Elemente aus dem japanischen Alltag mit unterschiedlichen Elementen des japanischen Horrors vermischen und aus der Ego Perspektive gespielt wird. Während man bei The Convenience Store während der Nachtschicht unfreiwillig dem Geheimnis des titelgebenden Conbini auf die Schliche kommt, geht es bei The Karaoke, um eine beliebte Freizeitaktivität, vieler Menschen in Japan.

Auch hier sind es die vielen Anspielungen auf die japanische Kultur, wie man sie selbst von Spielen anderer japanischer Studios kaum erleben kann. Es geht auch nicht um das pulsierende Leben einer großen Stadt, sondern um Ereignisse, welche sich abseits der großen Metropolen abspielen.

Das Studio ist gereift, aber nur ein wenig

Im Vergleich zu vorherigen Spielen des Studios, The Karaoke erschien im Februar 2023, merkt man hier deutlich, dass das Studio zumindest bei der technischen Umsetzung ein wenig gereift ist. Auch hier wirkt zwar noch alles beim genauen Hinsehen ein wenig grob, aber seltsam anmutende Schatten, fehlerhafte Reflexionen und Charaktere, welche manchmal an die gute alte originale Playstation erinnern, findet man hier weniger. Dennoch sieht man rasch, dass es sich hierbei um ein winziges Studio handelt, welche den primären Fokus auf die Erzählung ihrer Geschichte legen und weniger auf eine astreine grafische Darstellung.

Dennoch und das habe ich bereits in der Einleitung angemerkt, glänzt auch dieses Spiel mit vielen Kleinigkeiten, welcher der Japanfan oder Japanurlauber sofort wiedererkennen werden. Seien es die unterschiedlichen Plakate, das Aussehen von Gebäuden oder das Karaoke Set, alles schreit nach „wir sind in Japan“, was natürlich auch an den Texturen liegt, welche abermals oftmals aus realen, teilweise leicht abgeänderten Fotos bestehen. Auch die beliebten Getränkeautomaten haben hier ihren Auftritt. Wer kennt nicht den leckeren Kaffee aus der Dose von der Marke Chief?

Auch hatte ich das Gefühl, als würde The Karaoke ein wenig besser mit den Ressourcen des Computers umgehen. Der Lüfter des Notebooks musste weniger arbeiten und das Steam Deck blieb auch relativ kühl auf der Rückseite. Die Einstellungen halten sich auch in diesem Spiel recht einfach und es sollte auch möglich sein, The Karaoke auf einem Computer mit weniger Power mit den höchsten Einstellungen zu spielen. Darüber hinaus ist der grafische Unterschied beim Reduzieren von Grafikoptionen auch nicht der rede wert, was an der allgemein rudimentären Darstellung des Spiels liegt. The Karaoke bietet darüber hinaus wie viele andere Spiele des Studios den obligatorischen VHS-Filter, welcher das Spiel ein wenig verwaschener wirken lässt und auch die Farben ein wenig abändert. Ist dieser optionale Filter aktiviert, hat man das Gefühl, das Geschehen durch einen alten Röhrenfernseher zu verfolgen. Ich muss sagen, dass ich diesen Filter abseits von Screenshots besser finde als das klare, oftmals ein wenig steril wirkende Bild. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.

Die Steuerung ist auch hier sehr einfach gehalten und wird mit der Maus und der Tastatur vorgenommen. Im größten Teil des Spiels, muss man vor allem herumgehen, nach Hinweisen suchen und den einen oder anderen Hotspot anklicken. Dazu kommen noch weitere Tasten für das titelgebende Karaoke Minispiel, wo man sogar die Möglichkeit hat, eigene Highscores zu jagen und weniger bekannte japanische Songs zu hören.

Nach dem Sport ist vor dem Sport

Alles beginnt in der Sporthalle der Schule. Die Hauptfigur wirft nach Einbruch der Dunkelheit mit ihrer Freundin noch ein paar Körbe. Ja genau, ihr dürft euch an einem Basketball Minispiel versuchen, mit ein wenig seltsamer Ballphysik. Es ist ein schöner Einstieg in die Geschichte, da man diesmal nicht komplett allein beginnt, sondern an der Seite einer Freundin.

Im Anschluss beschließen die Mädchen noch zusammen zur nahegelegenen Karaoke Bar zu gehen. Dennoch teilen Sie sich vorher auf und beschließen, dass sie sich dann bei der Bar treffen werden.

Hier kommt es zu einem weiteren schönen Element des Spiels, wo man mit dem Fahrrad durch den kleinen Ort bis zur Karaoke bar fahren muss. Der Weg ist nicht schwer zu finden, denn es gibt immer wieder Schilder mit einem Wegweiser. Auch viel Freiheit hat man eigentlich nicht und folgt einem relativ fest vorgegebenen Pfad. Dennoch ist die abendliche Stimmung, welche man hier auf dem Weg erlebt, etwas Besonderes, primär für all jene, welche einmal mit dem Fahrrad, wenn auch nur virtuell durch eine japanische Kleinstadt fahren möchten.

Nun wird es aber Zeit für Karaoke

Nachdem man die Karaoke Bar erreicht hat, gilt es sich, erst einmal anzumelden und bekommt dann von der relativ unmotivierten Angestellten hinter dem Tresen einen Raum zugewiesen. In diesem kann man sich dann schon einmal an dem Karaoke Minispiel versuchen. Auf einem Tablet sucht man sich stilecht einen Song aus, welcher dann auf einem Fernseher mit einem Video abgespielt wird. Dazu gibt es Linien und darüber wandernde Markierungen, welche dann mit der entsprechenden Taste getroffen werden müssen. Ich muss sagen, dass ich in solchen Spielen nie wirklich gut war, aber ich habe die Zeit genossen um ein wenig Musik zu hören. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dieses Minispiel gesondert vom Hauptmenü aus zu starten, wenn man noch ein wenig mehr Lust auf dieses Rhythmusspiel hat. Die Integration des Spiels ist wirklich hervorragend gelungen und ist über den Verlauf der Spieldauer immer wieder ein Element, zu dem man zurückkehrt.

Hier sei auch noch einmal erwähnt, dass der Chinchilla, welcher auch als Logo für das Studio fungiert, einen kleinen süßen Auftritt beim Karaoke Minispiel hat.

Kommst du noch?

Schon auf dem Weg zur Karaoke Bar wird man merken, dass hier etwas nicht stimmt. Dennoch macht man sich natürlich weiter auf den Weg. Während man auf seine Freundin wartet und sich noch etwas zu essen bestellt, beginnen in der kleinen Karaoke Bar seltsame Dinge zu passieren. Habe ich mir eben eine Pizza bestellt? Warum bin ich plötzlich so müde? Und warum bin ich mit einem Mal scheinbar ganz allein hier? Während die Wartezeit sich immer weiter zieht und man sehr merkwürdige Anrufe auf das Handy bekommt, spitzt sich die Stimmung immer weiter zu und jeder Gang durch die halbdunkle Karaoke Bar gleicht dem Besuch eines kleinen Gruselkabinett. Chilla`s Art haben es in diesem Spiel wirklich verstanden, wie man eine alltägliche Situation zu etwas unangenehmen werden lässt. Das geht so weit, dass man später nicht mehr ganz sicher sein kann, was ist eigentlich wahr und was entspringt nur der eigenen Vorstellung?

Während ich nachträglich noch einmal in das Spiel gesprungen bin, um ein paar Screenshots zu machen, habe ich die ersten Momente noch einmal erlebt. Wie durch Zufall sind mir dabei noch einige Besonderheiten aufgefallen, welche die Liebe zum Detail der Entwickler, aber auch die beklemmende Stimmung des Spiels unterstreichen. Achtet besonders auf eure Umgebung, damit euch auch ja nichts entgeht, denn so manches Mal schafft das Spiel es, dass einem der Atem stockt.

Zum finale hin, steigt die Spannung auch bis auf ein Level und bringt Themen in das Spiel, welche ein wenig unangenehm werden können. Auch ohne explizite Darstellung behandelt The Karaoke die Themen sexuelle Übergriffe und Traumata. Wie das Spiel am Ende für einen ausgeht, liegt auch ein wenig an der eigenen Spielweise. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Enden, welche erreicht werden können, wobei die meisten davon kein gutes Ende für die Hauptfigur haben. Dies soll aber nicht als negativ empfunden werden, denn dies macht einen Großteil einer Horrorkurzgeschichte aus und das ist auch das, wonach sich dieses Spiel anfühlt. Ich selbst habe jedoch nach meinem ersten Durchgang ein positives Ende erhalten, wahrscheinlich weil ich an einem Wendepunkt auch ein wenig Glück gehabt habe. Also, auch wenn ich hier aufgrund von Spoilern nicht ins Detail gehen möchte, hier ein kleiner Tipp: haltet euch bedeckt.

Keine Angst vor einer Pause

The Karaoke speichert das Spiel in regelmäßigen Abständen automatisch. Dies ist, obwohl auch dieses Spiel keine übermäßig lange Spielzeit hat, sehr angenehm. Man weiß eben nie wirklich, wann man mal jemand spontan zu Besuch kommt oder man gehen muss. Später dann wieder von vorn zu beginnen, kann je nach persönlicher Präferenz sehr lästig sein.

Versuchen wir mal Karaoke auf dem Steam Deck

The Karaoke hat auf dem Steam Deck eine Einstufung als Spielbar. Die Texte sollen laut Produktseite ein wenig zu klein sein, was ich selbst so nicht empfunden habe. Dennoch muss man, wenn man das Karaoke Spiel meistern möchte, ein wenig mehr an der Tastenbelegung feilen, da es wie auch bei anderen Spielen des Studios keinerlei Option für einen Controller gibt. Im Großen und Ganzen, funktioniert die Standardeinstellung, dennoch habe ich einige Anpassungen vorgenommen wie z.B. die Shift-Taste und die C Taste auf die Tasten L1 und R1 gelegt. Die Y Taste spricht darüber hinaus die Tab-Taste der Tastatur an. Da die Oberfläche von Steam zur Anpassung der Steuerung jedoch sehr übersichtlich ist, sollte das für Spieler auf dem Steam Deck kein wirkliches Hindernis sein. Wie auch beim Convenience Store, habe ich die Bilder pro Sekunde auf 30 reduziert, auch wenn es für das Deck kein Problem ist, die 60 Bilder pro Sekunde zu erreichen. Mit einer Reduzierung der Watt und der GPU-Frequenz über das Menü, ist es kein Problem das Spiel gut zu spielen, ohne dass der Lüfter des Steam Deck zu viel arbeiten muss.

Karaoke muss nicht immer lustig sein

Während das Minispiel selbst noch eine heitere Atmosphäre versprüht, ist der Rest des Spiels relativ düster gehalten und auch noch einmal ein wenig intensiver als zuvor The Convenience Store. Welche Art von Horror man bevorzugt, liegt natürlich immer an einem selbst, weswegen man hier kein allgemein gültiges Urteil fällen kann. Es sei jedoch gesagt, dass während man sich in der Karaokebar aufhält, eine angenehme Steigerung der Spannung zu spüren ist. Besonders die finalen Momente des Spiels fesseln einen und man hofft, dass die eigene Spielfigur lebend aus dieser Sache herauskommen wird.

Durch seine ruhige Spielweise sind keine schnellen Reflexe vonnöten und somit kann der Horror von The Karaoke auch von allen erlebt werden, die vielleicht weniger regelmäßig spielen, aber doch einen einigermaßen spiele tauglichen PC zu Hause haben.

Meine Spieldauer für den ersten Durchlauf war in etwa 1,4 Stunden, wobei ich denke, dass man das Spiel auch ein wenig schneller durchspielen, oder aber auch ein wenig mehr Zeit darin kann. The Karaoke gehört zu den neueren Spielen des Studios und kostet ca. 10 Euro. Ob man dies für eine kurze Spieldauer investieren möchte, oder man doch ein wenig länger auf eine Preisreduzierung warten möchte muss man hier selbst entscheiden.

Wie auch die anderen Spiele von Chilla`s Art, kann auch The Karaoke auf Steam erworben werden

Weitere Spiele und viele Informationen, mit Videos und Screenshots aus Spielen von Chilla`s Art, findet man auf ihrer Artstation Seite.

Wer sich eher für beklemmende Filme aus Japan interessiert, für den ist vielleicht unser Review zu Cure aus dem Jahr 1997 etwas.

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