Review – The Convenience Store

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The Convenience Store ist ein Horror-Spiel von dem kleinen japanischen Studio Chilla`s Art, welches einen in die Rolle einer Angestellten eines typisch japanischen Convenience Stores versetzt. Der japanische Titel des Spiels ist Yakin jiken (夜勤事件), was als Nachtschicht Zwischenfall übersetzt werden kann. Dieser Titel beschreibt hervorragend, worum es eigentlich in diesem Spiel geht.

Es handelt sich um ein 3D Horror Adventure, welches ein wenig an die zeitweise weit verbreiteten, aber oftmals auch belächelten Walking Simulatoren erinnert. Also an Spiele, deren einziger Zweck darin besteht, von einem Ort zum anderen zu gehen und gelegentlich mal eine Taste zu drücken. Das kurze, aber stimmungsvolle The Convenience Store kann sich von dieser Bezeichnung nicht komplett frei machen. Es bietet jedoch einige sehr spannende Aspekte, welche besonders für Fans von japanischem Horror, oder ganz allgemein Fans von Japan interessant sein könnten.

Der VHS-Horror im altbackenen 3D

Der optische Stil von The Convenience Store erinnert bewusst an die älteren 3D-Spiele aus den späten 90er/ und frühen 2000er-Jahren. Während man sich aus der Ego-Perspektive gemächlich durch das Spiel bewegt, blickt man auf zumeist verwaschene Texturen und grobe Objekte in der Spielwelt. Die Texturen erinnern oftmals an Fotos, welche auf die Assets in der Umgebung geklebt wurden, was diesen zumindest aus ein wenig Distanz einen scheinbar realistischen Anblick verleiht.

Ein kleiner Vorteil dieser „Fototapete“ ist, dass man sich als Kenner von typisch japanischen Artikeln umgehend zu Hause fühlt. Denn hier wurden offenbar reale Verpackungen und Dosen eingescannt, worauf man dann aus nachvollziehbaren Gründen die Markennamen abgeändert hat. Dennoch wird man schnell die bekannten Chips oder Biersorten wiedererkennen, wenn man sich ein wenig im Spiel eigenen Conbini umsieht.

Ein weiterer Aspekt, welcher sich durch viele Spiele des Studios zieht, ist die oftmals unsaubere, aber zugleich stimmungsvolle Beleuchtung. Es gibt zwar Schatten sowie Reflexionen auf entsprechenden Oberflächen, doch diese sind ziemlich rudimentär gehalten und wirken oftmals auch falsch.

Über allem liegt ein optional abschaltbarer VHS-Filter, welcher das Spiel noch ein wenig verwaschener wirken lässt und einige Farbeffekte über das Bild legt. Dies lässt das Ganze noch mehr so wirken, als würde man es auf einem wirklich, aber so wirklich, wirklich alten Röhrenfernseher erleben.

Ob man die Optik des Spiels als Retro oder als faul bezeichnen möchte, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe mich schnell an die Optik gewöhnt und habe sogar den VHS-Filter eingeschaltet, da das Spiel ohne diesen zwar ruhiger aussieht, aber zugleich wird auch die relativ schwache Grafikqualität noch deutlicher.

Das Spiel selbst hat keine besonders hohe Anforderung an die Hardware und ich habe es neben meinem Gaming Notebook, auf dem Steam Deck, sowie auf einem Surface Pro 7 mit einem integrierten Grafikchip getestet. Leistungsmäßig gab es keine großen Unterschiede. Seltsam ist nur, dass man selbst auf hochgezüchteten Computern das Gefühl hat, dass das Spiel ein wenig mehr Leistung erfordert als es eigentlich sollte und das Spiel nicht immer komplett flüssig wirkt oder der Lüfter zu sehr arbeiten muss.

Dies ist aber auch ein Aspekt, welchen ich bei vielen Spielen bemerkt habe, welche auf der Unity Engine aufbauen. Wirklich viele Einstellungen gibt es auch nicht, neben Einstellungen für SSR und der Textur/Qualität. SSR benötigt zwar auch ein wenig mehr Leistung, sollte aber dennoch eingeschaltet bleiben, da die Umgebung des Spiels sonst relativ langweilig wirkt.

Ab und an kommt es vor, dass bei dem Beginn einer neuen Schicht die nächtliche Beleuchtung des Dorfes nicht richtig funktioniert. Hierbei hilft es, einmal in die Optionen zu gehen und den Schalter für Volumentric Light zu deaktivieren und sofort wieder einzuschalten, dann sind alle Lichter erneut so wie es sein soll.

Ein weiterer Punkt, welcher die Schwäche der Technik darstellt, ist, dass bei jeder wichtigen Aktion wie z. B. vom Ladenbereich hinter den Tresen zu gehen oder das Besprühen von Ratten mit Maus-Ex der Bildschirm einmal kurz dunkel wird. Das dauert nur einen Augenblick, ist dennoch ein wenig unschön gelöst.

Akustisch gibt es wenig zu meckern. Es gibt eine typische Conbini Melodie und auch andere Geräusche während der Arbeit werden mit Klängen untermalt, welche einem bekannt vorkommen werden. Zwar kommentiert die eigene Figur das Geschehene zumeist mit Texteinblendungen, doch manchmal lässt sie sich sogar zu einem gesprochenen Wort herab. z.B. wenn sie einen Kunden ganz klassisch Japanisch zu einem erneuten Besuch animiert.

Während das Spiel technisch wirklich keinerlei Preise gewinnen wird, gibt es dennoch einen Aspekt, den ich hier gerne einmal erwähnen möchte und das ist die Liebe zu einem bestimmten Detail. Kunden und Lieferanten, welche den Laden betreten, erscheinen in der Regel nicht einfach so. Schon von hinter dem Tresen kann man z.B. die Lichter von Autos sehen, die auf den Parkplatz einbiegen oder diesen verlassen.

Auch der Paketlieferant geht mit seinem Paket erst von seinem Wagen um den Laden herum und dann hinein. Das ist sicherlich in der heutigen Zeit nicht mehr etwas Besonderes, doch bei so einer kleinen Produktion wie The Convenience Store, welche sich eigentlich ausschließlich auf das wesentliche fokussiert, finde ich solch ein kleines Detail wirklich erfrischend.

Ein Mädchen für alles

Das Spiel beginnt im kleinen Apartment der namenlosen Protagonistin. Man zieht sich die passende Kleidung an, macht sich etwas zu Essen in der Mikrowelle und wenn man möchte, schaut man noch einmal aus dem Fenster und sieht in der Ferne das „mysteriöse“ Licht des Convenience Stores. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet macht man sich dann auf den Weg durch das verschlafene Dorf bis zur Arbeitsstelle. Wer einmal in einem kleinen abgelegenen Dorf in Japan war und dieses bei Nacht erkundet hat, wird auch hier zahlreiche Elemente wiedererkennen.

Nachdem man also beim Conbini angekommen ist, heißt es erst einmal zu stempeln, um den Arbeitsbeginn zu erfassen, und dann die kurz gehaltene Aufgabenliste des Managers durchzulesen. Diese besteht im Grunde immer aus einer einzelnen Aufgabe, welche unbedingt gemacht werden muss, um die Schicht zu beenden. In der ersten Nacht geht es vorwiegend darum, abgelaufene Artikel aus den Regalen zu sammeln, um diese im Anschluss zu entsorgen. Die Vorgehensweise ist auch hier relativ einfach, da zumeist ein deutliches Symbol wichtige Hotspots in der Umgebung aufzeigt. Angesichts dessen eignet sich dieses Spiel auch hervorragend für Gelegenheitsspieler.

Einzig bei einer späteren Aufgabe, bei der es darum geht, Ratten im Hinterhof ausfindig zu machen, kann es sein, dass man bei der letzten Ratte ein wenig länger suchen muss. Eine Zahl gibt aber auch hier an, ob man alle Nager gefunden hat.

Neben den allgemeinen Aufgaben, welche man von der Liste abarbeiten muss, gehört es auch zur Aufgabe, Kunden oder Serviceangestellte zu betreuen. Es gilt Pakete anzunehmen, oder Artikel abzurechnen. Einmal schickte mich ein Kunde mehrfach durch den Laden, um für ihn mehrere Dosen Bier zu holen, was die Spielfigur mit einem „Hoch dir dein Zeug doch selbst“ kleinlaut kommentierte.

Nicht alle Aktionen müssen direkt nach Vorgabe erfüllt werden, sondern erlauben gelegentlich auch kleine Entscheidungen, welche man selbst treffen kann. Warum sollte ich denn das abgelaufene Essen wegwerfen, wenn es doch eigentlich noch essbar ist und ich es dem Obdachlosen um die Ecke schenken kann?

Auch die Überwachungskameras im Hinterzimmer sind ein wichtiges Spielelement, welches regelmäßig zum Einsatz kommt.

Es wird seltsam

Nach einer bestimmten Anzahl an Ereignissen und dem Abarbeiten der Aufgaben des Managers geht es wieder nach Hause und die nächste Schicht bricht ab. Mit jeder Nacht, die man auf der Arbeit verbringt, beginnen offenbar unerklärliche Dinge zu passieren. Warum öffnet sich die automatische Tür des Convenience Stores permanent? Ist das wirklich nur ein kleiner Junge, der uns einen Streich spielen will? Warum bekomme ich ein Paket zugeschickt, mit einer seltsamen Videokassette darin? Auch der abgesperrte Bereich hinter dem Conbini scheint etwas merkwürdig zu sein.

Die bereits erwähnten Überwachungskameras können hierbei auch für den einen oder anderen kleinen Schocker sorgen und sind ein essenzieller Teil für die finale Schicht und das darin enthaltene große Rätsel, welches gar nicht so einfach zu lösen ist. Ich möchte hier auch gar nicht viel mehr auf den Grusel des Spiels eingehen, denn das würde einige Überraschungen vorwegnehmen.

Es sei nur gesagt, dass The Convenience Store den Horror vielleicht nicht neu erfindet, aber ganz im Stil des klassischen J-Horrors für eine angenehme Gänsehaut sorgen kann. Je nachdem welche finale Entscheidung am Ende getroffen wird, wird man Zeuge von einem von insgesamt zwei Enden, von denen eines gut und eines, na sagen wir mal weniger positiv ist.

Mit Maus und Tastatur durch den Convenience Store

Das Spiel lässt sich erst einmal nur mithilfe von Maus und Tastatur steuern. Eine Steuerung per Controller ist nicht vorgesehen. Das Spiel spielt sich aber recht problemlos mit der Maus und der Tastatur. Abgesehen davon, dass die eigene Figur sich relativ langsam bewegt und selbst rennen keine besonders große Veränderung bringt, ist diese gemächliche Spielweise ein Vorteil für alle, die keine große Erfahrung mit 3D Spielen aus der Ego-Perspektive haben.

Speichern, um Pause zu machen? Du sollst arbeiten!

Ein Speichersystem sucht man bei diesem Spiel vergebens. Wenn man nicht gerade seinen Computer eingeschaltet lassen möchte, oder die Möglichkeit des superpraktischen Tiefschlafmodus vom Steam Deck nutzen mag, der muss das Spiel in einem Rutsch durchspielen, oder wieder von vorn anfangen. Das klingt nun schlimmer als es ist, denn The Convenience Store ist ein relativ kurzes Abenteuer, was man, wenn man ein wenig erkundet, in knapp einer Stunde durchspielen kann. Diese kurze Spieldauer ist auch ein Markenzeichen der meisten Spiele von Chilla`s Art, was wegen des relativ geringen Preises von nur knapp 2 € aber auch nicht negativ auffällt.

The Convenience Store auf dem Steam Deck

Das Spiel läuft, wie zu erwarten, auf dem Steam Deck mit dem vorinstalliertem Steam OS problemlos. Die Steam Deck Kompatibilität innerhalb von Steam wird als spielbar angegeben, was an der fehlenden Kontroller-Unterstützung liegt. Die einzige Anpassung, welche ich vorgenommen habe, war, dass ich die „F“ Taste der Tastatur auf den Knopf L4 gelegt habe, um die Taschenlampe im Spiel ein wenig bequemer ein- und ausschalten zu können.

Für mich, zumindest auf dem Steam Deck üblich, habe ich die Framerate auf 30 FPS begrenzt. Dazu habe ich den Regler für Watt auf 7 und die Taktfrequenz der GPU auf 800 reduziert. So läuft das Steam Deck ohne, dass man den Lüfter hört und das ist etwas, was ich bevorzuge.

Ein kurzer, doch zugleich spannender Ausflug in das beinahe alltägliche Japan

The Convenience Store ist ein kurzes Spiel mit einer altbackenen Grafik und einer zwar nicht komplizierten, aber manchmal ein wenig schwammigen Steuerung. Dennoch kann ich dieses Spiel jedem Fan von Japan, J-Horror und natürlich Convenience Stores empfehlen. Die beiden Brüder von Chilla`s Art haben eine ganz eigene Handschrift, wenn es darum geht, Spiele im heutigen Japan zu designen.

Ich empfinde es als sogar schade, dass es so wenig bis gar keine Spiele gibt, welche das gegenwärtige Japan so detailgetreu, aber zugleich ohne in Klischees zu verfallen, abbilden. Neben den vielen typischen japanischen Elementen, ist es natürlich die Frage: Was genau ist das Geheimnis dieses Conbini, welches einem zum Spielen antreibt?

The Convenience Store war persönlich mein erstes Spiel des Studios und ich habe danach noch einige weitere gespielt. Dieser Nachtschicht Zwischenfall eignet sich aber wirklich hervorragend, um in die etwas eigene Welt von Chilla`s Art einzusteigen.

The Convenience Store kann mit englischen oder japanischen Texten gespielt werden und enthält vereinzelt japanisches Voice Over. Ihr könnt The Convenience Store entweder direkt über die Entwicklerseite auf Itchi.io kaufen oder über die Produktseite auf Steam.

Wer sich eher für japanische Old School Horrorfilme interessiert, der sollte mal einen Blick auf unser Review zum Film House werfen.

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