Auch wenn man nicht viel über japanische Yokai weiß, ist wohl den meisten der Name Kitsune ein Begriff. Unter den zahlreichen verschiedenen Yokai der japanischen Mythologie ist der Fuchs wahrscheinlich einer der bekanntesten. Nicht nur, weil man ihn an vielen Schreinen finden kann, auch in gezeichneter Form findet dieses oftmals Orange und Schwarz gezeichnete Wesen mit seinen spitzen Ohren Verwendung.
Wie auch beim Tanuki, basiert Kitsune auf dem realen Tier, besitzt Legenden zufolge jedoch verschiedene magische Fähigkeiten und kann sich selbst sogar eine menschliche Gestalt verleihen. In erster Linie gilt dieser Yokai als schlau und gerissen, wird manchmal jedoch auch als bösartig beschrieben.
Je nachdem, in welcher Stimmung sich dieser mystische Fuchs gerade befindet, kann er Menschen verführen, täuschen, oder ihnen aber auch helfen. Kitsune ist somit wie auch die meisten anderen Yokai ein Wesen mit einer vielschichtigen Persönlichkeit. Kitsune findet man heutzutage in vielen Bereichen des japanischen Lebens. In der Tradition, in Manga und Anime, sowie als vielseitiges Designelement für Kleidung und mehr.

Kitsune – vom wilden Tier zum Aufstieg in den Himmel
Die ersten Erwähnungen fand Kitsune in den alten Chroniken Nihon Shoki und Kojiki aus dem 8. Jahrhundert. In diesen ersten Aufzeichnungen werden sie als wilde Tiere beschrieben, welche den Menschen schweren Schaden zufügen können. Erst im Laufe der Zeit veränderte sich das Bild des Kitsune und so entstand auch der heute bekannte Glaube an den Fuchs als Yokai und somit als übernatürliches Wesen. Kitsune wird heute vorwiegend mit zwei Dingen in Verbindung gebracht> mit dem Element des Feuers und mit der Fähigkeit, Illusionen zu erzeugen.
Neben der realistischen Darstellung als Fuchs werden Kitsune oftmals auch mit mehreren Schwänzen dargestellt. Hierbei gilt, je mehr Schwänze dieser Yokai hat, desto älter und weiser ist er und desto größer ist auch seine Macht. Die mächtigsten Kitsune haben ein weißes Fell und werden mit neun Schwänzen dargestellt. Auch sagt man ihnen nach, dass sie dann die Fähigkeit haben, in den Himmel hinaufzusteigen.
Überdies wird dieser Yokai dem weiblichen Geschlecht zugeschrieben, weswegen man sagt, dass er sich in verführerische Frauen verwandeln kann, um die Menschen zu betören. Etwas, was man heute auch noch oftmals findet, was jedoch ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückgeht, ist die Darstellung als Frau mit Fuchsohren und/oder einem Schwanz.
Der Fuchs als Symbol in Religion und Kunst
Kistune im Shinto
In der Religion des Shinto werden die Kitsune vor allem als Zenkō (tugendhaft, auf dem rechten Weg) verehrt. Sie dienen nicht nur der Reisgöttin Inari, sondern zu ihren Aufgaben gehört es auch, die Schreine zu bewachen. Der Göttin Inari ist auch der berühmte Fushimi Inari Schrein in Kyoto gewidmet. Auch heißt es, dass Kitsune den Menschen Fruchtbarkeit und Wohlstand bringen sollen.
Kitsune im Buddhisms
Im Gegensatz zur Shinto Religion wird dem Fuchs im Buddhismus weniger gutes nachgesagt. Im Buddhismus nennt man dieses Wesen Nōkitsune, was böser Fuchs bedeutet. Vor allem heißt es im Buddhismus, dass Kitsune die Menschen vom rechten Weg abbringen wollen und sie wurden vor allem in der Vergangenheit mit Dämonen gleichgesetzt, welche bekämpft werden müssen.
Die Fuchsmasken
Fuchsmasken kann man in Japan an vielen Orten finden. Regelmäßig sieht man sie in einem lustigen oder gar karikaturistischen Design in Form der Okame-Kitsune-Masken, welche oftmals bei Volksfesten getragen werden.
Auch im klassischen Noh Theater findet man die Masken dieses Yokai, welche hier jedoch oftmals ein eher realistisches Vorbild haben. Die Verwendung von Fuchsmasken zeigt oftmals die Faszination und den Respekt, welchen viele Japaner für diese Tiere empfinden.
Besondere Eigenschaften
Wie auch andere Wesen der japanischen Mythologie, findet man auch bei dem Fuchs verschiedene besondere Eigenschaften, welche man ihm nachsagt.
Die Verwandlung in einen Menschen
Sich in einen Menschen zu verwandeln, ist alles andere als einfach. Je nach Quellen sagt man, dass dieser Yokai zuerst ein gewisses Alter erreichen muss, um die Fähigkeit des Gestaltwandels zu erhalten. Je nach Glaube soll dieses Alter entweder 50 oder gar 100 Jahre sein. Nach der Verwandlung sollen jedoch gewisse Merkmale des Kitsune weiterhin klar erkennbar sein, weswegen diese teilweise verdeckt werden müssen. Als Beispiel seien hier Merkmale wie gelbe Augen, spitze Ohren oder der Fuchsschwanz genannt. Ebenso soll ein Kitsune nicht in der Lage sein, seine Verwandlung aufrechtzuerhalten, wenn er das Bewusstsein verliert, oder stirbt. Neben der Verwandlung in einen Menschen, gibt es ebenfalls Berichte von Füchsen, welche allein durch die Berührung mit ihrem Schwanz Dinge verwandeln konnten.
Das Kitsunebi
Ein ganz besonderes Merkmal dieser Yokai ist das sogenannte Kitsunebi, was übersetzt Fuchsfeuer bedeutet. Hierbei handelt es sich um geisterhafte Lichter, welche in den Erzählungen oftmals mit Irrlichtern, oder mit menschlichen Seelen, genannt Hitodama, verwechselt werden. Der Fuchs kann diese Lichter entweder ausatmen, ausspeien oder beschwören, um Menschen damit nicht nur zu täuschen, sondern auch um sie direkt anzugreifen. Zumeist werden diese Feuer rot oder orange dargestellt, obwohl auch schon von grün-blauen Kitsunebi berichtet wurde. Die Legenden besagen, dass Kitsunebi vorwiegend nachts in Wäldern, auf Friedhöfen, oder über Sumpfgebieten erscheinen.
Kitsunetsuki
Kitsunetsuki ist ein Zustand, welcher wörtlich übersetzt „Von einem Fuchs befallen“ bedeutet. Dieser handelt von der Situation, in der eine Person vom Geist eines Kitsune besessen ist. Kitsunetsuki kann verschiedene Symptome verursachen. Es kann passieren, dass der Mensch plötzlich Tierlaute von sich gibt oder auch Heißhunger auf Reiß oder Süßigkeiten verspürt.
Es soll sogar Situationen gegeben haben, in welcher ein Mensch mit einem Mal fliegen oder Feuer spucken konnte. Kitsunetsuki wird als eine Form des Wahnsinns angesehen oder auch als eine Krankheit und kann ausschließlich mithilfe eines Exorzismus oder dem Tod „geheilt“ werden.

Geschichten, welche man sich über Kitsune erzählt
Auch dieser Yokai wird in vielen Geschichten der japanischen Mythologie erwähnt. Als guter sowie böser Yokai, ist der Fuchs Angelpunkt zahlreicher traditioneller Erzählungen.
Der Arbeiter und der Wunsch nach einer Frau
Eine alte Geschichte aus dem Nihon Ryōiki erzählt von einem einsamen, fleißigen Mann, welcher sich eine Frau wünschte. Eines Tages sah er eine schöne Frau auf seinem Feld und verliebte sich sofort in sie. Er bat sie, ihn zu heiraten und sie stimmte zu. Jedoch nur unter der Bedingung, dass er niemals in ihre Schatulle schauen dürfe. Sie lebten glücklich zusammen und bekamen einen Sohn. Doch eines Tages wurde der Mann neugierig und öffnete die Schatulle. Er fand darin einen Fuchsschwanz und erkannte, dass seine Frau ein Kitsune ist. Als er zu ihr zurückkehrte, war sie verschwunden. Er suchte sie verzweifelt und fand sie schließlich in einem Wald. Sie sagte ihm, dass sie ihn immer noch liebte, aber nicht mehr bei ihm bleiben konnte. Sie gab ihm ihren Schwanz als Andenken und verschwand daraufhin auf ewig.
Der Yokai und der Mönch
Eine andere Geschichte handelt von einem jungen Mönch namens Hakuzōsu, der in einem Tempel lebte. Eines Nachts wurde er von einem Kitsune in Gestalt einer schönen Frau verführt und er verbrachte die Nacht mit ihr. Am nächsten Morgen erkannte er jedoch, dass sie ein Fuchs war und erschrak. Er griff nach seinem Gebetsstab und schlug zu. Der Yokai flehte ihn daraufhin an, aufzuhören, und sagte ihm, dass sie ihn wirklich liebte und ihm nichts Böses wollte. Der Mönch ließ sie gehen und kurz darauf bereut er seine Tat. Er verließ den Tempel und suchte nach ihr. Er fand sie schließlich in einem Dorf, wo sie als Frau lebte, und bereits einen Sohn hatte. Sie erkannte ihn wieder und bat ihn um Vergebung. Er vergab ihr und nahm sie und ihren Sohn mit sich zurück zum Tempel.
Abschied im Wald
Eine weitere Geschichte erzählt von einem Samurai namens Yasuna, der auf dem Weg nach Kyoto war. Er traf auf eine junge Frau namens Kuzunoha, welche von einem wilden Hund angegriffen wurde. Er rettete sie und verliebte sich in sie. Sie heirateten und bekamen einen Sohn namens Dōji. Eines Tages sah Dōji seine Mutter im Garten einen Fuchsschwanz verstecken. Er fragte sie danach und sie gestand ihm, dass sie ein Kitsune ist. Sie sagte ihm auch, dass sie gehen muss, weil ihr Geheimnis entdeckt wurde. Sie hinterließ ihm eine Nachricht für seinen Vater, in der sie ihm sagte, dass sie ihn im Shinoda-Wald treffen wollte. Nachdem Yasuna die Nachricht gelesen hatte, folgte er ihr in den Wald. Dort fand er sie als Fuchs wieder und bat sie, bei ihm zu bleiben. Sie sagte ihm jedoch, dass das unmöglich sei und gibt ihm einen Zweig als Talisman. Sie sagte ihm auch, dass ihr Sohn ein großes Talent für die Magie hat und dass er ihn gut erziehen sollte. Dann verschwand sie im Wald und wurde nie wieder gesehen.
Keine Hunde in meiner Nähe
Eine Geschichte aus der Nihon Ryōiki erzählt von einem Mann aus der Provinz Mino, welcher eine Kitsune-Frau heiratete und einen Sohn mit ihr hatte. Seine Frau hegte jedoch einen tiefen Groll gegen Hunde und ließ ihren Sohn alle Hunde in der Nachbarschaft töten. Sie lehrte ihn auch, wie man Menschen verflucht und verhext. Als der Mann davon erfuhr, war er entsetzt und verließ sie. Die verlassene Frau schwor Rache und schickte ihren Sohn, um ihn zu töten. Der Mann wurde schließlich von einem Priester gerettet, welcher den Sohn exorzierte und den Yokai vertrieb.
Die Hofdame des Kaisers
Eine andere Geschichte über einen bösartigen Kitsune handelt von einem wohlhabenden Mann namens Abe no Yasuna, der sich in eine Kitsune-Frau namens Tamamo-no-Mae verliebte, welche sich als eine Hofdame des Kaisers ausgab. Sie war jedoch in Wirklichkeit eine böse Kitsune, die den Kaiser vergiften wollte. Sie wurde entlarvt und floh in den Wald. Yasuna folgte ihr und versuchte, sie zu überreden, zu ihm zurückzukehren. Sie weigerte sich jedoch und verwandelte sich in einen neunschwänzigen Fuchs mit goldenem Fell. Sie griff Abe no Yasuna an, welcher jedoch von einem Bogenschützen gerettet wurde, der den Yokai tötet. Aus ihrem Körper entstand ein verfluchter Stein, der viele Menschen ins Unglück stürzte.


Der Fuchs in der japanischen Kultur
Wie anfangs erwähnt, findet man den Fuchs heute in vielen verschiedenen japanischen Medien und er ist immer wieder als eine bedeutende Nebenfigur oder auch als wichtiges Element der Geschichte zu finden.
In der Unterhaltungsindustrie
- Naruto: Die Hauptfigur Naruto Uzumaki hat einen neunschwänzigen Kitsune in seinem Körper versiegelt, der ihm übermenschliche Kräfte verleiht. Der Kitsune heißt Kurama und ist einer der mächtigsten Dämonen der Serie.
- Inari Konkon Koi Iroha: Eine romantische Komödie über eine Schülerin namens Inari Fushimi, die die Fähigkeit erhält, sich in andere Menschen zu verwandeln, nachdem sie einem Kitsune das Leben gerettet hat. Der Kitsune ist der Bote der Reisgöttin Inari und heißt Uka-no-Mitama-no-Kami.
- Pokemon: Einige Pokemon sind von Kitsune inspiriert, wie Vulpix, Ninetales, Zorua und Zoroark. Sie haben alle feurige oder illusionäre Fähigkeiten und sind oft sehr schlau und trickreich.
- Persona 4: Ein Nebencharakter ist ein Kitsune, der in einem Schrein lebt und den Protagonisten hilft, indem er ihnen Heilgegenstände verkauft. Er ist sehr freundlich und liebt es, Geld zu sammeln.
- Okami: Ein Action-Adventure-Spiel, in dem der Spieler die Rolle von Amaterasu übernimmt, einer Inkarnation der Sonnengöttin in Form eines weißen Wolfes. Einer ihrer Begleiter ist ein kleiner Junge namens Issun, der sich später als ein Kitsune entpuppt, der von einem berühmten Maler abstammt.
Kitsune als Modeaccessoire
Kitsune findet man außerdem oftmals als Bild auf T-Shirts oder Pullovern sowie als Accessoire in Form von Schlüsselanhängern in allen Größen und Formen. Auch ist dieser Yokai ein besonders beliebtes Element in der Cosplay-Kultur, wobei diese Kostüme oftmals auf bekannten Figuren aus Anime, Manga, oder Videospielen basieren. Kostüme mit Fuchsschwänzen und Fuchsohren, werden oftmals auch als niedlich angesehen, was ein klares Beispiel dafür ist, dass vor allem weibliche Charaktere mit Tierohren in Japan eine ganz besonders große Beliebtheit genießen.
Kitsune Udon
Kitsune Udon ist ein berühmtes japanisches Gericht, das aus dicken Udon-Nudeln besteht, die in einer duftenden Dashi-Brühe serviert werden und mit geschnittenem oder ganzem frittiertem Tofu belegt sind, der als Aburaage bekannt ist. Der Name des Gerichts bedeutet hier wirklich Fuchs-Udon, nach der alten Volkserzählung, die besagt, dass Füchse große Fans von frittiertem Aburaage sind. Kitsune Udon wird zumeist als heiße Nudelsuppe serviert, aber in den heißen Sommermonaten wird es auch gekühlt, mit ein paar Löffeln auf Dashi-basierter Soße serviert. Die Suppe hat einen salzig-süßen Geschmack und eine hellbraune Farbe. Die Nudeln werden mit frittiertem Tofu belegt, die Inari-Age und Abura-Age genannt werden. Eine endgültige dekorative und geschmackvolle Note wird durch ein paar Scheiben Narutomaki erreicht. Dann bringt eine letzte Prise von Shichimi Togarashi (sieben Gewürzen) alles zusammen!
Ein besonders beliebter Yokai
Auch wenn andere Yokai wie der Kappa oder der Tanuki ebenfalls überall im heutigen Japan zu finden sind, kann man wohl sagen, dass Kitsune zu einem der mit Abstand beliebtesten gehört. Die Faszination für dieses magische Tier und zugleich sein interessantes oder niedliches Aussehen sorgen dafür, dass er aus vielen Bereichen des heutigen Japan kaum noch wegzudenken ist. Wie auch viele andere, ist der Kitsune ein vielseitiges Wesen mit einer eigenen Persönlichkeit, welche man nicht einfach so in Gut oder Böse aufteilen kann.