In diesem Beitrag möchten wir über einen weiteren Yokai sprechen, den Kappa. Obwohl dieser zu den Yokai gezählt wird, beschreibt man ihn auch immer wieder als Kami, eine japanische Gottheit. Der Kappa zählt heute zu den bekanntesten Figuren der japanischen Mythologie und wird vor allem mit dem Element des Wassers in Verbindung gebracht.
Wie auch andere japanische Yokai kann ein Kappa freundlich sein, aber auch ein bösartiges Verhalten an den Tag legen. Die erste Erwähnung findet dieses Wesen im Nihonshoki, der ältesten offiziellen japanischen Geschichtensammlung, welche im Jahr 720 vollendet worden ist. Hier wurde der Kappa zwar noch nicht namentlich erwähnt, dort wird von einem Wesen geschrieben, welches Menschen angriff, die ahnungslos an einem Fluss vorbeispazierten.
Während der Tanuki ein auf dem Land lebender Gestaltwandler ist und der Tengu oftmals mit den Bergen in Verbindung gebracht wird, ist der Kappa vor allem ein Yokai, welcher in Flüssen, Teichen, oder Seen lebt. Diese Verbindung zum Wasser findet man auch in der bildlichen Darstellung des Kappa.
Auch wenn sich die Gestalt im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert hat und von Region zu Region ebenfalls Unterschiede aufweisen kann, gibt es dennoch einige Merkmale, die man immer wieder entdecken kann. Demzufolge fällt es in der Regel nicht schwer, den Kappa trotz seiner vielen unterschiedlichen Darstellungen zu erkennen.
Aufgrund seines natürlichen Lebensraums werden dem schuppigen und menschenähnlichen Körper Schwimmhäute nachgesagt. Die Haut selbst ist oftmals mit einer Schleimschicht bedeckt und auf dem Rücken des Kappa befindet sich oftmals ein Panzer, wie er an eine Schildkröte erinnert.
Dieser Yokai wird außerdem häufig mit einer kleinen Schale oder einem Hohlraum auf seinem Kopf dargestellt, welche mit Wasser gefüllt ist. Dieses Wasser gilt dabei als die Lebensenergie des Kappa und wenn das Wasser versiegt, ist auch das Leben des Kappa am Ende. Daher ist es wichtig für ihn, regelmäßig zum Wasser zurückzukehren.
Sein Aussehen wird je nach Region und Zeichnung auch unterschiedlich beschrieben. Der Körper wird als der Körper eines Frosches beschrieben. Der Kopf soll manchen Beschreibungen nach dem Kopf eines Affen ähneln und wird manchmal auch mit einem Schnabel dargestellt. Weitere Versionen des Kappa beschreiben ihn mit dem Schwanz eines Fisches, was seine Verbindung zum Wasser noch einmal unterstreicht.
Dem Kappa werden zwei ganz besondere Vorlieben nachgesagt. Er hat eine besondere Vorliebe für Gurken. Diese Liebe ist so stark, dass er sogar einem Menschen auf vielfältige Weise helfen würde, wenn man ihm dafür eine Gurke verspricht. Er würde also z. B. einen Menschen vor dem Ertrinken retten, oder ihm seine eigenen magischen Fähigkeiten leihen.
Seine Vorliebe für den traditionellen Sumo Ringkampf kommt daher, dass er die Kraft, die Disziplin, aber auch die Geschicklichkeit der Kämpfer bewundert. Oftmals versucht dieses Wesen, die Kunst des Sumo zu imitieren und er soll sogar mehrfach einen Sumo Ringer herausgefordert haben. Dabei verhält sich der Kappa jedoch immer respektvoll gegenüber dieser Form der Kultur und hält sich sehr genau an die Regeln des Sumo. Die Freude an der Bewegung, dem Sport, aber auch als Zeichen seines Willens zu lernen und seiner Neugier, sind weitere Gründe für seine Begeisterung für den Sport des Sumo.
Es gibt auch Menschen, die behaupten, dass dieser Yokai eine Vorliebe für Menschenfleisch haben soll. Dies soll allerdings nicht der Wahrheit entsprechen, da man dem Kappa eigentlich im Allgemeinen eine gutartige Persönlichkeit nachsagt. Bösartig soll ein Kappa in der Regel nur werden, wenn er sich von Menschen gestört oder bedroht fühlt.
Wie auch andere Yokai, ist der Kappa immer mal wieder ein fester Bestandteil von lokaler Folklore oder auch Traditionen. Diese haben selbstverständlich zumeist eine direkte Verbindung zu dem Verhalten, welches man ihm nachsagt, oder zu seinem Lebensraum.
Aufgrund seiner Liebe zu Gurken stiehlt er sie oftmals von Menschen oder verlangt sie als Gegenleistung für seine Dienste. In manchen Regionen Japans werden Gurken mit dem Namen der Familie beschriftet und in Flüsse geworfen, um die Kappa zu besänftigen oder zu ehren. Manche glauben auch, dass das Essen von Gurken vor dem Schwimmen einen ausreichenden Schutz bietet.
Er ist ein geschickter Sumo-Ringer, der oft Menschen herausfordert oder ihnen die Kunst des Ringens beibringt. Eine berühmte Geschichte erzählt von einem Jungen namens Jinbei, der diesen Yokai im Fluss traf und ihn zum Sumo-Ringen aufforderte. Der Kappa verlor absichtlich und versprach, Jinbei zu einem großen Sumo-Ringer zu machen. Er lehrte ihn die Geheimnisse des Sumo-Ringens und wurde sein Freund.
Eine andere Geschichte erzählt von einem Kappa, der eine ganz besondere Leidenschaft für Sumo-Ringen hatte. Er forderte jeden heraus, der an seinem Teich vorbeikam, und besiegte sie alle mit seiner übernatürlichen Kraft. Eines Tages kam ein berühmter Sumo-Ringer vorbei und nahm die Herausforderung an. Er erinnerte sich daran, dass der Kappa eine Schwäche für Gurken hatte, also brachte er eine mit. Er warf die Gurke in den Teich und wartete, bis der Yokai sie holte. Dann nutzte er die Gelegenheit, um ihn zu packen und zu besiegen. Der Kappa war so beeindruckt von dem Trick, dass er dem Ringer seine Bewunderung aussprach und ihm einige besondere Geheimnisse des Sumo-Ringens verriet.
Er ist berüchtigt dafür, Menschen im Wasser anzugreifen und ihnen ein mythisches Organ namens Shirikodama aus dem Anus zu entfernen. Das Shirikodama soll die Lebenskraft eines Menschen enthalten und eine Delikatesse für den Kappa sein. Um sich vor diesem Angriff zu schützen, soll man laut furzen oder ihm eine Frage stellen, die ihn verwirrt oder zum Nachdenken bringt.
Eine Geschichte berichtet davon, wie ein Kappa einen Jungen fangen wollte, welcher am Flussufer spielte. Er tauchte aus dem Wasser auf und packte ihn am Bein. Der Junge war jedoch schlau und verbeugte sich tief vor dem Wesen. Der Kappa tat es ihm nach und verlor dabei das Wasser aus seiner Kopfschale. Ohne Wasser wurde er schwach und musste um Gnade bitten. Der Junge versprach ihm, seine Schale wieder zu füllen, wenn er ihm nie wieder etwas antun würde. Der Kappa stimmte zu und wurde von da an ein wahrer Freund des Jungen.
Eine weitere Erzählung handelt von einem Kappa, der sich in eine schöne Prinzessin verliebte, die oft an seinem See badete. Er beschloss, sie zu entführen und zu seiner Frau zu machen. Der Yokai verwandelte sich in einen Menschen und näherte sich ihr unter dem Vorwand, ihr ein Geschenk zu machen. Er gab ihr eine Haarnadel aus Perlen und bat sie, sie anzuprobieren.
Die Prinzessin war misstrauisch und bemerkte, dass der Mann eine Schale auf dem Kopf hatte. Sie erkannte sofort, dass er ein Kappa war und warf die Haarnadel in den See. Der Yokai sprang hinterher und vergaß dabei seine menschliche Gestalt. Die Prinzessin rannte davon und alarmierte ihre Wachen. Das Wesen wurde vertrieben und musste seine Liebe aufgeben.
Im modernen Japan füllt dieser Yokai oftmals eine recht wechselhafte Rolle aus. Einerseits wird er als Symbol für den Umweltschutz und die Bewahrung der traditionellen Kultur angesehen. Es gibt viele Denkmäler, Festivals und Souvenirs, die den Kappa ehren. Andererseits wird er auch als Objekt des Spotts und der Parodie verwendet. Er taucht oft in Comics, Filmen und Videospielen auf, wo er entweder als lustiger oder als gruseliger Charakter dargestellt wird. Der Kappa ist somit ein Beispiel für die ewig bestehende Spannung zwischen Tradition und Moderne in Japan.
Der Kappa wird auch immer einmal wieder gerne von Erwachsenen verwendet, um Kinder vom Schwimmen in einem Gewässer abzuhalten. Die folgende Geschichte erzählte uns ein lokaler Guide, als wir das klare Wasser vor dem Uryu Wasserfall in Kochi bewundert hatten:
Die Großeltern wollten ihre Enkelkinder vom Schwimmen in diesem Fluss abhalten, indem sie ihnen erzählten, dass dort unten ein Kappa hausen würde. Dieses mystische Wesen würde, sobald die Kinder im Wasser schwimmen, Jagd auf diese machen.
Die Kinder ließen sich davon aber nicht täuschen und begannen, in dem Fluss zu tauchen und ihn nach dem Kappa abzusuchen. Somit erzählten sie ihren Großeltern, dass dort unten gar kein Kappa sei. Diese erwiderten daraufhin, dass er womöglich nur heute nicht da sei, aber beim nächsten Mal bestimmt kommen würde. Aber auch davon ließen sich die Kinder nicht abhalten und suchten Tag für Tag im kühlen Nass nach dem angeblichen Kappa, welcher jedoch nie gefunden wurde.
Mehr über die Region Kochi, über die Kultur, die Natur und die Menschen, findet ihr im passenden Artikel Kochi – Natur, Geschichte und Papier.
Auch heute wird noch immer regelmäßig von Sichtungen dieses Wesens gesprochen. Es gibt daher verschiedene Gewässer in ganz Japan, welche man direkt nach diesem Yokai benannt hat.
In den Präfekturen Tottori, Nagano und Miyagi gibt es unter anderem Teiche, welche bekannt dafür sein sollen, dass man hier einen Blick auf dieses Wesen erhaschen kann. Darum finden sich in unmittelbarer Nähe dieser Gewässer auch oftmals Statuen und andere Informationen zu ihren vermeintlichen Bewohnern. Auch werden in diesen Regionen oftmals Feste zu Ehren des Kappas abgehalten.
In Tokyo in der Nähe des berühmten Kappabashi Viertels gibt es den Sogen-ji Tempel, oder auch Kappa-dera genannt. Wie der Name vermuten lässt, ist dieser Tempel einzig dem bekannten Yokai gewidmet und es wird sogar gesagt, dass man hier mumifizierte Körperteile echter Kappa aufbewahrt. Die Verbindung zum Kappa findet man in diesem Viertel nicht nur beim Tempel selbst, sondern auch entlang der zahlreichen Geschäfte, welche Küchenutensilien verkaufen und oftmals den Kappa als Maskottchen verwenden.
Wie auch andere japanische Fabelwesen ist der Kappa keine eindimensionale Figur. Er hat eine vielseitige Persönlichkeit, mit Stärken, Schwächen, Begierden und Ängsten. Seine Eigenschaften können ihm zu seinem Vorteil dienen, oder aber auch zu einem Nachteil werden. Der Kappa kann darüber hinaus auch über seinen eigenen Schatten springen, wenn es darum geht, einen Vorteil aus einer Situation zu ziehen, oder einfach nur dem Gegenüber gebührenden Respekt zu erweisen.
Ob es den Kappa nun als Fabelwesen, als Yokai oder als Gottheit wirklich gibt oder er nur ein Wesen der Gasschichtenerzählung ist, werden wir wahrscheinlich niemals wirklich erfahren.