Dorama Review – Jiyuna Megami: Backstage in New York

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In diesem Review möchte ich euch einmal das Mini Dorama Jiyuna Megami: Backstage in New York (自由な女神 ―バックステージ・イン・ニューヨーク―) vorstellen., welches sich unter anderem ein wenig mit dem Leben als Dragqueen in Tokyo befasst.

Obwohl wir nun schon einige Jahre in Japan leben, schauen wir doch recht selten japanisches Fernsehen. Anime nehmen darüber hinaus noch weit weniger unserer Zeit in Anspruch, da es einfach so schon genug zu schauen gibt und man ohnehin zu wenig Zeit hat, bei allen den anderen Dingen, welche man in Japan erleben kann.

Dennoch stolpere ich beim Lesen verschiedener Artikel immer wieder über einzelne Serien, welche mich thematisch interessieren, oder weil ich einen der Schauspieler oder Schauspielerinnen kenne. Oftmals handelt es sich dabei um ehemalige Idols, welche Karriere ich gerne weiter verfolge. In dem Film Noboru Koterasan spielte z. B. das ehemalige Morning Musume Idol Haruka Kudo die namensgebende Hauptfigur Kotera. Noboru Kotera san ist eine wunderbare leichtfüßige Geschichte darüber, die eigenen Ziele aus eigener Kraft zu erreichen und über Freundschaft. Ihr findet das Review zu diesem Film, welchen wir uns auch im Kino angesehen haben, im passenden Artikel hier auf unserem Blog.

ALLGEMEINE INFORMATIONEN

  • Drehbuch: Tomonari Sakurai
  • Produktionsstudio: Tokai TV für Fuji TV
  • Darsteller:
    • Igeta Hiroe als Sachi
    • Takeda Shinji als Narita Toru / Coolmint
    • Furukawa Yuki als Ichinose Ken
    • Miura Ryota als Kawata Atsushi
    • Ukagi Misato als Macaron
    • Hinda Chikara als Jun
    • Kamimura Kaisei als Ando
    • Ogi Shigimitsu als Kohei
    • Miyazaki Yoshiko als Sayaka
  • Originalsprache: Japanisch
  • Anzahl der Episoden: 4
  • Länge pro Episode: 55 Minuten

Die Dragqueen Szene in Japan

Während Dragqueens vor allem durch die äußerst erfolgreiche Serie Ru Pauls Drag Race und seine zahlreichen internationalen Ableger für viele Menschen keine Neuheit mehr sind, ist über die Dragqueens in Japan offenbar noch relativ wenig bekannt. Doch obwohl noch relativ jung, gibt es dennoch eine äußerst lebhafte Dragszene in Japan, welche vor allem im Bezirk Shinjuku Nichome ihr Herz hat.

Hier sei auch der interessante Fakt genannt, dass Japan noch vor den meisten anderen Ländern damit begann, geschlechterübergreifende Kunstformen zu präsentieren. Genannt sei hier das Kabuki, auf das wir in unserem Artikel zu den japanischen Theaterformen Dentou Geinou eingehen. Auch die Musik und Theaterform des Takarazuka, welches indirekt den Ursprung der heutigen Idol Kultur bietet, nahm sich dieser Kunstform an und wurde ebenfalls von uns in unserem Artikel zur Geschichte und Bedeutung der Idol Kultur in Japan aufgegriffen. Dagegen ist die Kultur der Dragszene im Westen zwar auch keine Neuheit, ist jedoch erst in den vergangenen Jahrzehnten populärer geworden.

Die Schwarze Frau

Eine der bekanntesten Dragqueens in Japan hört auf den Namen Die Schwarze Frau und ist eine schwedischstämmige Künstlerin, welche schon seit über 10 Jahren in Japan lebt und dort regelmäßig auftritt. Sie gilt als die Drag-Mutter des Haus of Schwarz. Dieses Haus bildet eine zusammenhängende „Drag Familie“ aus verschiedenen internationalen Mitgliedern, welche regelmäßig verschiedenste Events und Shows im Bezirk Shinjuku Nichome veranstalten.

Shinjuku Nichome und die soziale Bewegung

In Shinjuku Nichome gibt es viele Bars und Clubs, die Drag-Shows anbieten oder Dragqueens als Hostessen engagieren. Die Atmosphäre ist meist ausgelassen und fröhlich, aber auch kreativ und experimentell. Dragqueens sind auch in Japan nicht nur Entertainer, sondern auch Aktivisten für LGBTQ-Rechte und die Akzeptanz von Vielfalt.

Die Dragszene in Japan ist also nicht nur eine Kunstform, sondern auch eine soziale Bewegung. Sie ist inspiriert von der westlichen Drag-Kultur, aber auch von der japanischen Geschichte und Kultur. Sie ist ein Ausdruck von Freiheit, Spaß und Selbstbestimmung.

Jiyuna Megami und der Ursprung im Web Manga

Die Serie Jiyuna Megami basiert auf der ursprünglich als Web Manga veröffentlichten Reihe Backstage in New York vom Mangaka Otsuka Hiroki. Der Manga handelt von einer jungen Büroangestellten, welche ihr Glück in New York als Modedesignerin sucht und dort gemeinsam mit einer Dragqueen und einem jungen Tänzer unter einem Dach wohnt. Die Reihe lief von April 2020 bis März 2021 und wurde daraufhin auch in einer gedruckten Version veröffentlicht und umfasst zwei Bände, die insgesamt 15 Episoden enthalten.

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Der erste Ankündigungstrailer zu Jiyuna Megami, Episode 1

Die Geschichte von Jiyuna Megami

Im Gegensatz zur Manga Vorlage, welche in den USA spielt, wurde die Handlung der Serie nach Tokyo verlegt. Der Name Backstage in New York kommt vom Namen des kleinen Clubs, welcher auf den Namen Little New York hört, und welcher für weite Teile der Handlung der Mittelpunkt ist.

Wer ist Sachi? Die Hauptfigur von Jiyuna Megami

Die Geschichte der Serie handelt von der jungen Frau Sachi, welche gemeinsam mit ihrem Vater in einem kleinen abgelegenen Ort lebt und in seiner Werkstatt arbeitet, um diese eines Tages zu übernehmen. Sachi jedoch verspürt seit ihrer Kindheit den Wunsch danach, mit schönen Kleidern zu arbeiten und diese vor allem zu entwerfen. So war es schon immer ein Teil ihrer Freizeitaktivitäten, selbst Kleider zu schneidern, um diese dann auf ihrem Social Network Profil zu teilen.

Coolmint verändert alles

Eines Tages wird die in Tokyo lebende Dragqueen Coolmint zumeist nur Minto-san genannt, auf Sachis Profil aufmerksam und macht sich auf den Weg in das kleine Dorf. Sie begegnet Sachi und bietet ihr an, nach Tokyo zu kommen, um dort für Coolmint Kleider zu entwerfen.

Wie man sich sicher vorstellen kann, ist Sachis Vater von dieser Idee so gar nicht begeistert, denn er hat Sachis Liebe für die Kleider nie wirklich verstehen können und außerdem hat er immer darauf gebaut, dass Sachi einmal sein Geschäft übernimmt. Sachi will sich davon jedoch nicht unterkriegen lassen und auch als der Vater den hässlichen Satz sagt: „Du verlässt mich also – so wie deine Mutter (welche verstorben ist) mich verlassen hat?“.

Selbstvertrauen ist etwas, womit Sachi nie wirklich gesegnet war, doch der erste Besuch im Club Little New York, lässt sie all ihren Mut zusammen nehmen, um die Herausforderung anzugehen.

Eine Geschichte zahlreicher Schicksale

Während Sachi mit dem mangelnden Selbstvertrauen kämpft, ist es lange Zeit vor allem Minto-san, welche ihr zahlreiche hilfreiche Tipps geben kann. Obwohl das Leben innerhalb der Drag- oder auch LGBTQ+ Community nicht immer einfach ist, wird in der Serie jedoch nicht brutal auf diesem Thema herumgeritten. Minto-san hat ihren Platz gefunden und weiß ihre eigenen Erfahrungen mit Sachi zu teilen.

Aber auch andere Charaktere, wie der Barkeeper Ken, die Dragqueens Ando und Macaron sind wichtige Teile der neuen Familie um Sachi. Jede der vier Episoden behandelt nicht nur den Werdegang von Sachi als Designerin in einer sehr charmanten Art, sondern geht auch tiefer in die Geschichte einer der Nebenfiguren ein, weswegen hier so ziemlich jeder Charakter seine Berechtigung hat.

Sei es der Konkurrenzkampf innerhalb der Dragszene, der tragische Verlust eines Freundes, der emotionale Kampf gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. Jeder Mensch, egal ob hetero, homosexuell, Mann oder Frau, wir haben alle unser Päckchen zu tragen und es hilft nicht unbedingt, wenn wir uns dabei noch untereinander bekämpfen.

Während Minto-san die meiste Zeit wie der stützende Pfeiler der Community wirkt, hat jedoch auch sie mit den Schatten ihrer Vergangenheit zu ringen. Auch dieser Teil wird ebenso wie das finale Aufeinandertreffen zwischen Sachi und ihrem Vater mit sehr viel Liebe und Feingefühl in Szene gesetzt, wie man es von japanischen Serien kennt. Hier stehen Tränen der Trauer direkt neben denen der Freude, und auch gelacht wird viel in dieser kleinen Welt.

Etwas mehr, bitte

Diese kleine Welt ist vielleicht auch der einzige Aspekt, welchen ich hier als etwas anmerken möchte, was eventuell versäumt hat. Abgesehen vom Little New York und den regelmäßigen Shows, gibt es keine weiteren Einblicke in die Welt der Dragqueens in Tokyo. Ich verstehe natürlich, was man mit dieser Serie erzählen wollte und weniger ist hier eventuell auch mehr.

Doch glaube ich, dass man nach dem Abschluss der Serie noch zwei oder drei weitere Episoden hätte machen können, welche dann das Leben von Minto-san, Sachi und allen anderen innerhalb der belebten Dragqueen Szene von Tokyo beleuchtet. Dies würde vielleicht auch dem Verständnis dieser Subkultur guttun, und es weniger als einen einzigen Ort beschreiben.

Der Name Jiyuna Megami

Der Name Jiyuna Megami bedeutet unter anderem Freiheitsstatue, setzt sich aber aus den Worten für Freiheit und Göttin zusammen. Diesen Namen kann man in Bezug auf die Entscheidung von Sachi, unabhängig von dem Wunsch ihres Vaters ihren eigenen Weg zu gehen, auch ein wenig persönlicher nehmen. Auch in Bezug auf die Dragqueens in der Serie sowie allen weiteren Figuren, welche oftmals über ihren eigenen Schatten springen müssen, oder sich dem Widerstand anderer widersetzen müssen, kann dies gesehen werden.

Japanische Geschichten aus dem Leben

Viele Dorama in Japan beschreiben relativ genau die Facetten der japanischen Gesellschaft und die Eigenheiten des Lebens. Und auch wenn ich selbst natürlich nicht das Leben innerhalb der LGBTQ+ Community beurteilen kann, glaube ich, dass man in dieser Serie die verschiedenen Aspekte des alltäglichen Lebens gut zusammengefasst hat.

Es gibt keinen Kulturschock, und Sachi ist bis zum Ende der Serie liebenswert und schusselig, während sie es schafft, ihre eigenen Ängste zu besiegen. Als Zuschauer nimmt man sie, aber auch alle anderen Figuren so wie sie sind, sieht sie nicht als seltsam, besonders, oder schräg an. Die Serie schafft es sehr gut aufzuzeigen, dass es egal ist, was für Kleidung du trägst und welches Geschlecht, oder welchen Beruf du hast. Wir sind alle nur Menschen mit unterschiedlichen Herkünften und Träumen und Identitäten.

Wem diese Art von Serie vielleicht ein wenig zu farbenfroh ist, dem kann ich außerdem den Film Cure empfehlen, zu dem Susann ebenfalls ein Review verfasst hat.

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