Japanische Yokai – der Tanuki

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Der Tanuki gehört womöglich zu den bekanntesten japanischen Fabelwesen. Nicht nur repräsentiert er, nicht wie andere Wesen der japanischen Mythologie, ein reales Tier, seine Darstellung, wie man ihn überall in Japan wiederfinden kann, ist auch ein echter Blickfang. Doch nicht nur sein Aussehen, mit seinen sehr deutlich dargestellten Geschlechtsteilen, ist außergewöhnlich – auch die Legenden, welche sich um ihn ranken, sind erzählenswert.

Ein reales Tier mit japanischem Ursprung

Der Yokai Tanuki basiert direkt auf dem gleichnamigen Tier, welches ursprünglich ausschließlich in Japan zu finden war. Obwohl der Tanuki einem Waschbär ähnlich aussieht, gehört er zur Gattung der Canis, also der Wolf- und Schakalartigen Tiere. Der Tanuki hat darüber hinaus noch eine weitere Besonderheit, denn als eines der wenigen Tiere dieser Gattung ist er in der Lage, auf Bäume zu klettern.

Heutzutage ist der Tanuki jedoch nicht nur in Japan zu finden, sondern auch in vielen Teilen Europas. In Deutschland wird dieses Tier z. B. als Marderhund bezeichnet. Die Verbreitung war trotz des abgrenzenden Meeres zwischen Japan und dem Rest der Welt möglich, da man in der Vergangenheit begonnen hatte, Tanuki nach Russland zu exportieren, da diese aufgrund ihres Fells dort sehr beliebt waren.

Im Laufe der Zeit begannen die Tanuki dann, sich selbstständig über weite Teile Asiens und Europa zu verbreiten. Trotz dessen, dass die Verbreitung schon vor langer Zeit begonnen hat, werden Tanuki vieler Ort als invasive Spezies angesehen, da sie direkt mit den einheimischen Rassen des Ökosystems in Konkurrenz stehen. Als besonders problematisch wird dabei angesehen, dass sie nicht nur ebenfalls auf die gegebene Nahrung wie Feldfrüchte und kleine Tiere angewiesen sind, um zu überleben, sie können auch gefährliche Krankheiten auf einheimische Tiere übertragen.

Eine Besonderheit der Tanuki in Bezug auf ihre Nahrung ist allerdings, dass sie in der Lage sind, hochgiftige Frösche zu essen, da sie eine besonders hohe Menge an Speichel produzieren, um die Gifte zu neutralisieren. Auch wurde beobachtet, dass Tanuki eine besondere Vorliebe für Alkohol zu haben scheinen. Dieser Aspekt spiegelt natürlich auch die Liebe der Menschen in Japan zum Alkohol wider und ist auch einer der Gründe, warum mythologisch dargestellte Tanuki oftmals mit einer Flasche Sake dargestellt werden.

Der charmante Trickser unter den Yokai

Der Tanuki ist als Yokai in der japanischen Mythologie vor allem als Trickser bekannt, welcher den Menschen und anderen Tieren Streiche spielt, in dem er seine Gestalt verändert. Dabei geht es bei den Streichen vor allem darum, sich an der Schadenfreude zu erfreuen, oder darum, sich selbst einen Vorteil aus seinen Fähigkeiten zu verschaffen. Langeweile, Hunger, aber auch Neid und Rache können der Grund für den Streich eines Tanuki sein. Die meisten Tricks sind zumeist relativ harmlos, wobei die Opfer seiner Streiche eher selten körperlichen oder anderen langfristigen Schaden erleiden. Oftmals passiert es jedoch, dass er selbst nicht ganz ungeschoren aus den verschiedenen Situationen herauskommt und diese gelegentlich auch nicht immer überlebt.

Der Ursprung des Tanuki als Yokai

Der Ursprung des mythologischen Tanuki ist in China zu finden. Im alten China glaubten die Menschen an gottgleiche Tiere in Form von Wildkatzen, welche ihre Form verändern konnten. Eine dieser Wildkatzen war der Leopard. Durch den kulturellen Austausch wurden natürlich auch Geschichten mit einem mythologischen Hintergrund ausgetauscht.

Aufgrund dessen, dass es in Japan jedoch keine solch furchterregenden Wildkatzen wie den Leoparden gab, übertrugen japanische Gelehrte seine Eigenschaften auf Tiere, welche sie in ihrem eigenen Land finden konnten. Darunter befanden sich streunende Katzen, Dachse, Wiesel oder auch Wildschweine. Eines dieser Tiere, welches heute noch am ehesten mit diesem alten Hintergrund in Verbindung gebracht wird, ist eben der Tanuki.

Wann er das erste Mal in der japanischen Kultur Erwähnung findet, ist bis heute nicht ganz geklärt. Doch die ersten Geschichten über ihn reichen auf die Heian Zeit, welche von 794 bis 1185 reichte, bis in die Kamakura Zeit, welche von 1185 bis 1333 ging, zurück.

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Ein Tanuki aus dem Sammelband Gazu Hyakki Yagyō. Foto: Toriyama Sekiyan, Gemeinfrei 

Das Bunbuku Chagama

Eine der ersten Geschichten ist die sogenannte Bunbuku Chagama. Diese Geschichte erzählt von einem Tanuki, welcher sich in einen Teekessel verwandelt und daraufhin von einem Schrotthändler an einen Mönch verkauft wurde. Der Tanuki offenbarte seine wahre Gestalt, als der Mönch begann, mit ihm Wasser auf dem heißen Feuer aufkochen zu wollen. Der kleine Gestaltwandler begann, dem Mönch verschiedene Tricks vorzuführen, worauf der Mönch beschloss, gemeinsam mit dem Tanuki auf Reisen zu gehen, um die Menschen zu unterhalten. In der Form eines Kessels vollführte der Tanuki verschiedene Kunststücke, wie z. B. auf einem Seil zu balancieren.

Die Geschichte selbst hat je nach Erzählung unterschiedliche Enden. Einige erzählen davon, dass der Trickser von einem Zuschauer in seiner wahren Gestalt ertappt wurde, worauf er das Weite suchte. Andere Varianten erzählen davon, dass er, gemeinsam mit dem Mönch als treuer Begleiter und Freund, das Land bereiste. Während wieder andere davon berichten, dass der Tanuki die Gestalt eines Gottes angenommen haben soll.

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Der Tanuki aus dem Bunbuku Chagama. Foto: Katsushika Hokusai, Gemeinfrei

Der Tanuki und seine 8 besonderen Eigenschaften

Der Tanuki hat einige Eigenschaften, welche man direkt mit der japanischen Mythologie in Verbindung bringt. Darunter seine großen Augen, sein dicker Bauch und auch seine großen Hoden. Die Augen des Tanuki stehen nicht nur für die Aufmerksamkeit und Neugierde, sondern man sagt ihnen auch nach, dass sie Täuschungen und Illusionen erkennen können.

Der große Kopf soll vor schlechtem Wetter und auch Pech schützen. Der Tanuki selbst, auch wenn er den Menschen gerne einmal Kummer bereitet, wird eigentlich eher als Wesen gesehen, welches Glück bringt und böse Geister abwehrt.

Sein großer und buschiger Schwanz steht für Stabilität und Balance. Wer einmal gesehen hat, wie zwei Tanuki sich auf einem schmalen Zaun angefeindet haben, der wird verstehen, was hiermit gemeint ist. Der große Bauch steht für Kühnheit und Großzügigkeit. Wie bereits erwähnt, steht der Tanuki für Glück und seine eigentlich freundliche Natur soll sich auf sein Umfeld und die Menschen widerspiegeln.

Seine Statuen oder Figuren werden in der Regel immer mit einem freundlichen Lächeln dargestellt. Freundlichkeit und Optimismus sind die Hintergründe dieses aufrichtigen Lächelns, welches die Menschen aufmuntern soll. Oftmals hält er auch eine Flasche Sake, also japanischen Alkohol in der Hand. Dieses steht für die traditionelle Bedeutung des Alkohol in der japanischen Kultur, jedoch auch für die Freude an Festen und Feiern.

Eine Eigenheit, welche eher negativ betrachtet werden kann, ist die Darstellung mit einem Schuldschein in der Hand. Dieser steht für die Unzuverlässigkeit und die Unehrlichkeit, welche auf den Hintergrund dieses Wesens als Trickser und sprichwörtlicher Schelm zurückzuführen ist.

Eines der auffälligsten Merkmale sind die deutlich dargestellten und oftmals besonders großen Hoden des Tanuki, welche für Fruchtbarkeit, aber auch für Reichtum stehen sollen. Diese sind auch Hintergrund einiger wahrlich witzigen Erzählungen in Verbindung mit der Mythologie.

Witzige Erzählungen über den Tanuki

Es gibt zahlreiche Geschichten über den Tanuki, wo er versucht, die Menschen oder andere Tiere auszutricksen. Nicht immer gehen diese am Ende gut für ihn selbst aus, was aber auch einen großen Teil seines Charmes ausmacht.

Leckere Schlamm-Mochi

Eine traditionelle Geschichte erzählt davon, wie ein Tanuki einmal einen Hasen zu einem Wettkampf herausgefordert hatte, wobei es darum ging, wer die meisten Mochi herstellen kann. Während der Hase dabei echten Reis verwendete, versuchte der Trickser seinen Gegner zu betrügen, in dem er Schlamm anstelle von Reis verwendete. Dennoch bemerkte der Hase diese Schummelei und während der Tanuki einmal nicht hinschaute, tauschte er die Säcke aus, wonach der Schummler am Ende seine eigenen Mochi aus Schlamm essen musste.

Einmal Mönch sein, bitte

In einer anderen Geschichte nahm der Tanuki die Form eines Mönchs an, und gesellte sich zu einer Gruppe von vorbeiziehenden Jägern. Die Jäger gaben dem vermeintlichen Mönch Essen und Alkohol, was so lange ging, bis der Mönch total betrunken war und der Tanuki am Ende seine wahre Gestalt offenbarte.

Nicht jeder sollte ein Fuchs sein

Eine Geschichte erzählt davon, dass ein Tanuki einmal versucht hatte, einen Fuchs zu imitieren, da er die magische Eigenschaft des Fuchs, nämlich mit dem eigenen Schwanz ein Feuer zu entzünden, nachahmen wollte. Wie könnte man etwas anderes erwarten: Auch diese Geschichte endete alles andere als gut für den kleinen Schelm! Er verbrannte sein eigenes Fell und rannte, vor Schmerzen schreiend, davon.

Ein Buddha sein, scheint nicht schwer, Buddha bleiben jedoch sehr

Auf der Suche nach Respekt und Anbetung hatte sich einmal ein Tanuki in eine riesige Buddha Statue verwandelt. Die Menschen kamen, beteten ihn an und machten ihm reichhaltige Geschenke. Bis er mit einem Mal von einer kleinen Spinne gebissen wurde, wonach er die Konzentration nicht mehr aufrechterhalten konnte und den daraufhin aufgebrachten Menschen seine wahre Gestalt offenbarte.

Fischen einmal falsch gemacht

Eine besonders witzige Geschichte erzählt davon, wie ein Tanuki einmal seinen Hodensack aufblähte, um ihn als Fischernetz zu verwenden, um sich etwas zum Essen zu fangen. Zuerst schien auch alles gut zu laufen, und er war sehr stolz auf seinen großen Fang. Zu spät realisierte er jedoch, dass er außerdem eine giftige Schlange gefangen hatte. Als er versuchte, sie aus seinem provisorischen Netz zu schütteln, biss die Schlange ihn und der Tanuki starb.

Der Hodenflug

Eine weitere Geschichte erzählt davon, wie ein Tanuki seine Hoden aufblies, um damit über einen Fluss zu segeln. Während er die frische Brise genoss, entdeckte er einen Raubvogel weit über sich. Besorgt darüber, dass der Vogel ihn angreifen könnte, ließ er die Luft aus seinen Hoden, worauf er hinab in das Wasser stürzte und ertrank.

Hodenmusik

Eine andere Geschichte erzählt davon, wie ein Tanuki seine prallen Hoden als Trommel verwendete, um herannahende Jäger zu vertreiben. Was er jedoch nicht bedacht hatte, war, dass er mit seinem Trommeln ein Rudel Wölfe angelockt hatte, welche begannen ihn zu jagen, worauf er das Weite suchen musste.

Ein charmanter kleiner Schelm unter den Yokais

Die japanischen Yokai können viele verschiedene magische Eigenschaften haben und viele Formen annehmen. Der Tanuki ist aufgrund seines Aussehens und seiner Taten, welche nicht immer gut für ihn selbst ausgehen, ein ganz besonderer kleiner Kerl. Man findet ihn nicht nur vor Restaurants und anderen Geschäften als einen Glücksbringer in allen Formen und Größen, sondern auch bei vielen Menschen daheim, wo er das Glück begrüßen und das Unglück vertreiben soll.

Weitere Erzählungen zu Yokai auf unserem Blog:

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