Den Film „House“ haben wir uns nur angesehen, weil ich auf der Suche nach japanischen Horrorfilmen war und über folgendes Statement stolperte: „Wenn du dich so gruselst, dass du zu einem Haufen Bananen wirst (wortwörtlich!).“ Ich meine, wie kann man da nicht sofort diesen Film sehen wollen? Und wir bekamen, was wir erwarteten: einen Fiebertraum der ganz besonderen Güteklasse!
In unserem Special „Reviews“ möchten wir uns verschiedene Unterhaltungsprodukte aus Japan oder mit einem Japanbezug vornehmen und sie auf unsere eigene persönliche Weise besprechen. Dabei werden wir bewusst nicht jagt auf die neusten Trends machen, sondern uns wie bereits bei unseren anderen Artikeln primär darauf konzentrieren, was uns persönlich interessiert, beeindruckt, oder in einer anderen Weise einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Den Anfang macht nun der Film „House“.
Allgemeine Informationen
- Drehbuch: Chiho Katsura
- Regisseur: Nobuhiko Obayashi
- Darsteller:
- Kimiko Ikegami als Oshare
- Miki Jinbo als Kung-Fu
- Ai Matsubara als Gari
- Kumiko Oba als Fantasy
- Mieko Sato als Mac
- Masayo Miyako als Sweet
- Eriko Tanaka als Melody
- Yoko Minamida als Tante
- Kiyohiko Ozaki als Herr Togo
- Saho Sasazawa als Vater
- Haruko Wanibuchi als Ryoko Ema
- Originalsprache: Japanisch
- Länge: 88 Minuten
Ein ganz besonderes Geisterhaus
Die Regie zu „House“ führte im Jahr 1977 Nobuhiko Obayashi. Der Film handelt von einer Schülerin, die mit ihren Freundinnen einen Ausflug zu ihrer etwas seltsamen Tante unternimmt. Was den Film dabei so besonders macht, ist seine Herangehensweise, welche direkt an die Ängste von Kindern angelehnt ist, und seine mitunter kunterbunten surrealen Szenerien, die manchmal an einen Werbespot oder an ein Märchen erinnern.
Die elfjährige Tochter des Regisseurs steuerte ebenfalls einige Ideen bei, immer vor dem Hintergrund, dass sich Kinder unerklärliches einfallen lassen, während Erwachsene nur an Dinge denken, die sie verstehen. Dementsprechend sind auch die Spezialeffekte bewusst so irre und unrealistisch gehalten.


Die sechzehnjährige Hauptfigur Oshare (im Englischen wird sie Gorgeous genannt) freut sich auf einen Sommer mit ihrem Vater, den sie in Karuizawa verbringen möchte. Dieser war bis vor kurzem in Italien und hat dort als Komponist für Filmmusik gearbeitet, also freut sie sich besonders auf seine Rückkehr. Was sie jedoch noch nicht weiß, ist die Tatsache, dass dieser eine neue Frau an seiner Seite hat, namens Ryoko Ema.
Oshare ist damit gar nicht glücklich, da sie immer noch nicht über den Tod ihrer Mutter vor acht Jahren hinweg ist. Obwohl dem Zuschauer der Charakter von Ryoko Ema unglaublich seltsam rüberkommt, mit wehendem Schal und als würde sie nicht mal normal gehen, sondern einfach nur schweben, ist sie nicht das Monster dieser Geschichte, aber dazu gleich mehr. Irgendwie weht sowieso ständig der Wind, wenn sie auftaucht, oder alle möglichen Tiere kreuzen ihren Weg, ganz so wie bei einer Disney Prinzessin. Der Vater meint dann auch, dass es ja total super ist, wenn er wieder heiratet, denn dann muss Oshare nicht mehr seine Knöpfe annähen und kann Ema als ihre neue Mutter ansehen. Ja, okay, was?
Was macht man jetzt in so einer Situation? Richtig, der Tante schreiben, die man seit Ewigkeiten nicht gesehen hat. Ein Glück, dass diese zurückschreibt, denn somit ist der Sommer gerettet! Oshare darf sie besuchen und weil es alleine zu langweilig ist, nimmt sie ihre 6 besten Freundinnen mit. Das Ferienlager mit dem beliebten Lehrer Herr Togo war zuvor sowieso ausgefallen. Warum Herr Togo so beliebt ist, weiß ich allerdings nicht. Er sieht nicht wirklich cool aus, sondern gleicht eher einem schrägen Mittvierziger, aber wer weiß.
Die Mädchengruppe in „House“ besteht nun also aus:
- Oshare bzw. Gorgeous
- Fanta, ja genau wie das Getränk – dies ist aber eher angelehnt an die Fantasie, denn sie träumt gerne vor sich hin und ist in ihrer Freizeit der größte Fan von Herrn Togo
- Kung-Fu, welche sehr sportlich ist und wie der Name schon sagt, Kung-Fu kann. Die anderen Mädchen betonen immer, wie männlich sie ja ist, auch weil sie einen Volleyball schlagen kann. Muss man jetzt nicht unbedingt verstehen.
- Gari, welche sehr gut Probleme lösen kann und generell sehr klug ist
- Sweet, die ebendies ist
- Mac, welche die ganze Zeit nur ans Essen denkt
- Melody, die sehr begabt ist, was Musik angeht und Klavier spielt
Ein Fiebertraum
Auf dem Weg zum Haus, kommt die gesamte Gruppe bei einem Melonen-Bauern vorbei, der ihnen den Weg weist. Das Haus selbst liegt abseits jeder Zivilisation und der Empfang fällt dann auch noch sehr herzlich aus. Die Tante selbst sitzt im Rollstuhl und hat eine flauschige weiße Katze namens Shiro. Die Mädchen bringen der Tante als Geschenk eine Wassermelone mit, was wieder sehr passend für Japan ist. Nachdem diese in einem Brunnen gekühlt wird, will Mac sie zum Nachtisch holen, doch kommt sie danach nicht wieder zurück zu den anderen. Verdächtig!


Und ab jetzt wird es richtig schräg und „House“ hält sich nicht mehr zurück. Macs Geisterkopf schwebt herum und beißt Fantasy in den Hintern, die Tante erhält langsam ihre körperlichen Kräfte wieder und Stück für Stück werden die Mädchen eliminiert. Es scheint dann auch niemanden zu stören, dass sie auf einmal mit einem Skelett tanzt oder sich teleportieren kann. Einfach ein ganz normaler Tag in Japan. Auch angreifendes Feuerholz wird abgetan, als wäre es etwas Alltägliches.
Überhaupt wird der Surrealismusfaktor in „House“ ganz weit hochgedreht. Die Katze wird dämonisch und Körperteile verschwinden in andere Dimensionen. Herr Togo, der zu den Mädchen will, sozusagen als Wiedergutmachung für das stornierte Ferienlager, muss sich erstmal einen Topf vom Hintern im Krankenhaus entfernen lassen. Das wurde übrigens von der Katze der Tante eingefädelt. Und weil er Bananen so mag, wird er dann letztendlich auch in einen Haufen ebendieser verwandelt. Logisch, oder?
Der Ton macht die Musik
Was gleich zu Beginn auffällt, wenn man „House“ guckt, ist der Fakt, dass fast andauernd irgendeine Musik im Hintergrund spielt. Die Mädchen haben praktisch ihre eigene Titelmusik, welche wiederholt zum Einsatz kommt, und auch sonst bleibt es selten ruhig. Einen wilden Katzen-Remix mit viel Miauen gibt es dann auch noch obendrauf!
Übrigens wird auch interessant mit der Tatsache gespielt, dass Herr Togo wie ein Märchenprinz zur Rettung kommt, was jedoch nie geschieht. Lieber steht er im Stau, lässt sich von Truckern anpöbeln, oder isst Ramen in einer Bar, in der ein Bär hinter der Theke sitzt. Was der da macht? Keine Ahnung! Aber das stört einen dann auch nicht mehr, wenn man ein Skelett als Background-Tänzer gesehen hat.

Übrigens findet man bei „House“ auch oftmals Hintergrundzeichnungen, die sich mit der Realität vermischen. Das erinnert mitunter sogar etwas an Monty Pythons Flying Circus. Riesige Köpfe und andere Dimensionen sind somit gar kein Problem. Es macht einfach richtig Spaß, diesen Wahnsinn anzusehen! Die Tatsache, dass der komplette Cast von „House“ primär Amateure sind, ist auch überhaupt kein Problem in diesem Fiebertraum.
Ist „House“ sehenswert?
Das große Finale ist dann auch wirklich das: ein komplettes WHAT THE FUCK? Und jetzt ist die Frage: solltet ihr „House“ sehen? Aber sowas von! Ja, er ist wahnsinnig, aber er ist auch eine komplett andere Erfahrung als alles andere, was wir bisher gesehen haben. Horror und Komödie werden hier perfekt miteinander vermischt.
Meiner Meinung nach fängt er die 70er wirklich perfekt ein und es wird nie langweilig. Die Shots und Farben sind oft einfach nicht von dieser Welt. Es wirkt tatsächlich alles mehr wie ein Traum. Der Film bekam, wie es nicht anders zu erwarten ist, damals nicht unbedingt umwerfende Kritiken, wurde jedoch später dann zum Kultfilm erklärt. Verständlich! Wie es so schön in „House“ heißt: Das Ganze ist ziemlich „unnatürlich und unerfreulich“, aber im besten Sinne.
„House“ macht unglaublich viel Spaß. Daher solltet ihr ihn euch nicht entgehen lassen. Und jetzt wird es Zeit für einen Haufen Bananen, oder Melonen, wenn ihr die lieber mögt.
Wenn ihr euch generell für Kunst und Kultur interessiert, ist vielleicht auch unser Artikel zum traditionellen Theater in Japan (Dentou Geino) interessant für euch.