Wer eine Weile in Japan oder gar Tokyo lebt, der wird schnell merken, dass die Menschen hier ihre eigene Kultur haben, wenn es darum geht, ein Café zu besuchen. Die Auswahl an kleinen Cafés und bekannten Ketten ist schier unglaublich. Neben den großen Namen wie Starbucks, Tullys Coffee, Veloce oder St. Marc, gibt es auch in jedem Bezirk von Tokyo kleine individuelle Cafés, welche jeweils ein ganz eigenes Flair haben. Von modern gestaltet bis zu rustikal ist alles dabei. Viele von ihnen bieten darüber hinaus nicht nur Kaffee und verschiedenes süßes Gebäck an, sondern haben auch eine Auswahl an deftigen Speisen für die Mittagszeit.
Dabei ist es gar nicht immer so leicht, innerhalb einer Nachbarschaft die wirklich besonderen Orte zu finden. Hineinschauen kann man in viele der kleinen Cafés nicht und oftmals befinden diese sich in relativ alten Gebäuden, welche auf den ersten Blick auch nicht immer so einladend aussehen. Manchmal kann man in Japan die Qualität eines Ladens abschätzen, wenn die Menschen davor Schlange stehen, aber auch das ist nicht immer möglich, denn manch ein Café ist einfach ein echter Geheimtipp. Über einen solchen Geheimtipp möchte ich in diesem Beitrag schreiben, nämlich über das klassische Café Koguma, was übersetzt „kleiner Bär“ bedeutet.


Mukojima und das alte Tokyo
Mukojima war im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert als blühendes Industrie- und Vergnügungsviertel bekannt und ist heute einer der wenigen als „Hanamachi“ bezeichneten Geisha Bezirke der Hauptstadt. Bedauerlicherweise wurde das Viertel 1923 bei dem großen Kanto-Erdbeben wie auch 1945 bei den amerikanischen Luftangriffen sehr schwer getroffen. Allerdings wurde Mukojima nicht so vollständig verwüstet wie andere Teilen Tokyos. Infolgedessen sind noch einige Gebäude der 1920er und 30er Jahre erhalten, die zum Teil traditionelle Geschäfte und Restaurants beherbergen. Die anderen dienen heute als Wohnhäuser.
Mukojima ist auch heute noch einer der wenigen Orte in Tokyo, an denen es möglich ist, echte Geishas zu sehen. Sie werden in den verschiedenen Ryotei genannten Restaurants entlang der Kenban-dori Straße ausgebildet und arbeiten dort, um die Gäste mit ihrer kulturellen Kunst zu unterhalten. Mehr zur Stadt Sumida-ku und ihren Bezirken findet ihr in unserem Artikel Vielseitiges Tokyo: Sumida.
Hato no Machi – keine Tauben, doch viel Geschichte
Der Name Hato no Machi heißt übersetzt Taubenstadt oder Stadt der Tauben und ist der Name einer Straße im Bezirk Mukojima unweit der Bahnstation Hikifune. Auch wenn in dieser Straße in den letzten Jahren einige neue Wohnhäuser gebaut wurden, kann man hier noch sehr genau die Spuren des alten Tokyos erkennen. Die enge Straße ohne einen separaten Gehweg und klassisch anmutende Straßenlaternen verleihen dieser Nachbarschaft gemeinsam mit den traditionellen Papierlaternen eine ganz besondere Stimmung. Während man von der Hauptstraße in die Hato no Machi einbiegt, merkt man sehr schnell, dass hier die Zeit ein wenig langsamer vergeht.


Besonders in den frühen Abendstunden, kurz bevor die ersten Geschäfte schließen und die Laternen die Straße leicht beleuchten, ist dies ein ganz besonderer Ort. Abgesehen von einigen Radfahrern, die nach dem Feierabend nach Hause wollen, scheint sich hier alles entspannt abzuspielen. Es ist eine besondere Stimmung, die bis auf die Anfänge der Showa-Zeit zurückgeht.
Koguma – ein klassisches Café in einer ehemaligen Apotheke
Entlang der Hato no Machi gibt es einige Cafés, Restaurants und Geschäfte, welche auf eine lange Geschichte zurückblicken können. Ein Ort hat hier aber eine besondere Beachtung verdient. Das kleine charmante Café Koguma ist eine feste Institution innerhalb von Mukojima, aber vor allem in der Hato no Machi.
Koguma ist ein altes Café, welches in einer ehemaligen Apotheke aus dem Jahr 1927 betrieben wird. Im Jahr 2006 ist das Café in seiner heute bekannten Form eröffnet worden. Wie durch ein Wunder ist dieses kleine Holzhaus von den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg verschont geblieben und bietet heute einen beinahe unverfälschten Einblick in die frühe Showa-Zeit und das Leben innerhalb der damaligen Shitamachi Bezirke.
Wenn man durch die schmale Eingangstür tritt, findet man sich in einem besonderen Café wieder. Nur wenige Tische bieten hier Sitzmöglichkeiten inmitten des aus dunklem Holz bestehenden Raumes, welcher selbst noch einmal zur Hälfte mit einer Trennwand aus Holz und Papier unterteilt ist. Kleine vereinzelte Lampen und Strahler tauchen alles in ein schummriges und zumeist indirektes Licht. An den Wänden befinden sich zahlreiche schmale Regale, welche ebenfalls schon seit der Zeit hier sind, als dies noch eine Apotheke war.
Heute finden sich hier allerdings keine Medikamente mehr, sondern die Regale sind dekoriert mit verschiedenem Geschirr und anderen Objekten, welche früher hier in diesem Gebäude in Gebrauch waren. Neben dem Geschirr gehören dazu auch Uhren und sogar eine Nähmaschine aus der alten Zeit.


Kaffee, hausgemachter Kuchen oder etwas Deftiges
Natürlich ist nicht Sightseeing der Grund für den Besuch im Koguma Café, sondern das hochwertige Essensangebot. Gerade um die Mittagszeit sind hier besonders der gebratene Omuraisu, ein lokales Gericht mit dem Sumida-Gütesiegel und das gebratene Curry beliebt, welches hausgemacht ist. Des Weiteren gehören zu den angebotenen Mahlzeiten Hamburger mit geschmolzenem Käse, Schweinefleisch mit Ingwer und hausgemachter Soße und ein außergewöhnliches Kichererbsen-Curry.
Wer es allerdings etwas süßer mag, dem stehen drei einzigartige Kuchenkreationen zur Auswahl. Hierzu zählen der beliebte Käsekuchen, luftiger Chiffon-Kuchen und Schokoladen-Tarte. Zudem gibt es auch das in Sumida ausgezeichnete Anmitsu-dama, eine traditionelle japanische Süßigkeit, sowie heiße und kalte Getränke. Ganze 30 Getränke-Sorten stehen im Koguma Café zur Auswahl, z. B. Kaffee mit extra viel Schaum, japanischer Tee, Creme Soda oder Eiskaffee.
Wer etwas Geld sparen möchte, der kann auch das Set-Menü wählen, womit man über 100 Yen pro Person spart, wenn man ein Getränk und zugleich einen Kuchen wählt. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2006 ist Koguma in zahlreichen Fernsehsendungen und Zeitungen erwähnt und gefördert worden, darunter Yuyuyu Stroll, TOKYO Walker, Brutus, Super J Channel usw. Vor Ort sind auch einige der zahlreichen Preise ausgestellt.


Eine feste Institution in Sumida-ku
Das Café Koguma kann durch seine Lage in der Hato no Machi schnell übersehen werden. Auch wir haben einige Zeit gebraucht, um auf dieses alte Café aufmerksam zu werden. Doch sind wir sehr froh darüber, es gefunden und als eine kleine Perle der lokalen Café-Landschaft unterstützt zu haben. Wir können nur jedem nahelegen, einmal die Hato no Machi zu besuchen und auch beim Koguma vorbeizuschauen.
Wer es weniger klassisch und ein wenig schriller mag, dem legen wir unseren Artikel zum Kirby Café in der Tokyo Skytree Town ans Herz.
Sprache | Japanisch |
Adresse | 131-0032 Tokyo Sumida Ku Higashi Mukojima, 1 Chome−23−14 Google Maps |
Telefon | 03-3610-0675 |
Öffnungszeiten | Mo, Do, Fr, Sa, So: 11:30 bis 18:30 Dienstag und Mittwoch Ruhetag |