Die meisten, die sich zum Ziel setzen, nach Japan auszuwandern, müssen sich im Klaren sein, dass sich ihr Alltag wahrscheinlich weniger mit einem Urlaub vergleichen lassen wird. Dabei sind die Erfahrungen von Person zu Person unterschiedlich. Jeder hat einen anderen Grund und vor allem Hintergrund, wenn er nach Japan kommt. Manch einer wird von einem Unternehmen entsandt, jemand anderes findet die Liebe seines Lebens in Japan und wieder andere springen einfach mit beinahe geschlossenen Augen ins kalte Nass und schauen, was auf sie zukommt und welche Chancen sich eventuell für sie ergeben. Auswandern ist ein Abenteuer und geht immer mit zahlreichen Veränderungen, aber auch Unsicherheiten einher.
Nachdem wir unsere Leser gefragt haben, welche Themen sie aktuell neben unseren Reiseberichten noch interessieren, kam auch immer mal das Thema Alltag auf. Also möchten wir als Ergänzung zu unseren anderen Artikeln aus der Kategorie Leben in Japan auf fünf Dinge zu sprechen kommen, welche bei uns ein wenig Umdenken erforderten.

Wäsche waschen in der Coin Laundry
Egal, ob man in Deutschland auf dem Land lebt oder in der Stadt, das Thema Wäschewaschen im Alltag ist in der Regel immer etwas, was innerhalb der eigenen vier Wände passiert. Die meisten Wohnungen haben entweder einen dedizierten Platz, um eine Waschmaschine und vielleicht sogar einen Trockner aufzustellen. Andere Häuser oder Wohnkomplexe haben oftmals im Untergeschoss einen separaten Bereich für Waschmaschinen und auch Orte, an denen man die Wäsche trocknen kann.
Natürlich gibt es auch in Deutschland winzige Wohnungen, in welchen dieser Platz nicht so einfach vorhanden ist, aber seien wir mal ehrlich, wie oft stolpern wir in deutschen Großstädten schon mal über eine öffentlich nutzbare Coin Laundry?
In Japan ist der Wohnraum in den großen Städten für die Menschen oftmals noch ein wenig kompakter und vor allem je nach Lage auch teurer. Ja, die Wohnungspreise in Deutschland steigen auch immer weiter an und je nachdem, wo man in Japan lebt, kann der Quadratmeterpreis auch wesentlich niedriger sein. Allerdings gibt es einen Grund, warum man hier in Tokyo beinahe an jeder Ecke über Waschsalons stolpert.
Wir selbst leben in einer Mansion, was bedeutet, dass wir in einem Wohnkomplex aus Beton leben. Der Aspekt Beton ist hierbei hervorzuheben, da die Bezeichnung Apaato vordergründig für Wohnkomplexe aus Holz besteht. Die Wände sind dünner, die Wärme- und Schalldämmung ist schlechter und es kommt nicht selten vor, dass man die Unterhaltungen der Nachbarn genau verfolgen kann.
Leben in einer Mansion ist aber auch kein Luxus und der Wohnraum ist teuer. Wir haben sogar einen separaten Raum, welcher eigentlich für eine Waschmaschine gedacht ist, haben ihn jedoch ein wenig zweckentfremdet. Da ansonsten kaum Stauraum vorhanden ist, haben wir einen kleinen Lagerraum daraus gemacht.
Demzufolge bringen wir mindestens einmal in der Woche unsere Wäsche zu einer der zahlreichen Waschsalons. Eigentlich funktioniert eine Coin Laundry wie erwartet, man steckt seine Wäsche in die Maschine, bezahlt und kommt dann nach einer angegebenen Zeit wieder, um die Wäsche mit nach Hause zu nehmen, oder sie in einem der verfügbaren Trockner zu trocknen.
Diese Waschsalons gibt es allerdings nicht nur in verschiedenen Größen, sondern auch die Technik unterscheidet sich stark. Dabei gibt es die simplen Maschinen, welche einfach mit Münzen bezahlt werden und deren Deckel man nicht fest verschließen kann. Es ist hier leider schon vorgekommen, dass dabei Wäsche nicht nur abhandengekommen ist, sondern sogar innerhalb der Maschine zerrissen wurde. Sowas kommt natürlich nicht ständig vor, aber es sind eben Maschinen, welche von sehr vielen Menschen benutzt werden.
Andere Waschsalons sind da schon weitaus moderner. Hier kann auch mit Bargeld bezahlt werden oder man lädt vorab eine Karte auf. Auch ist es oft der Fall, dass man kein extra Waschpulver braucht und Wasserfilter vorhanden sind. Ferner bietet sich bei diesen auch oftmals die Möglichkeit, große Dinge wie einen Futon zu waschen und zu trocknen. Zum Thema Trocknen sei hier gesagt, dass wir selbst im Alltag unsere Wäsche meist Zuhause trocknen, entweder auf dem Balkon, wie viele unserer Nachbarn, oder innerhalb des Badezimmers mit einer integrierten Trockenfunktion.

Einkaufen in der Nachbarschaft
Wer in Japan im Urlaub macht, beginnt schnell, die in den Städten allgegenwärtigen Conbinis zu lieben. Zum Thema Conbini müssen wir daher nicht mehr viel sagen, haben aber für Interessierte bereits einen detaillierten Artikel zu dem Thema Der Conbini – ein amerikanischer Import neu interpretiert verfasst.
Wer hier lebt, wird aber schnell merken, dass es zwar praktisch ist, jederzeit alles Mögliche im Conbini kaufen zu können, es mit der Zeit dann aber doch etwas teuer wird. Daher sollte man sich auch ein wenig mehr innerhalb der Nachbarschaft umsehen, um alles Nötige für den Alltag zu kaufen. Supermärkte gibt es in allen Größen und Preisklassen und je nachdem, was man eigentlich kaufen möchte, sollte man auch in Betracht ziehen, verschiedene Supermärkte für unterschiedliche Produkte aufzusuchen.
Cosco zum Beispiel ist im Grunde mit einem Großhandel zu vergleichen. Hier bekommt große Packungen für kleines Geld. Besonders beliebt ist diese Kette bei großen Familien. Auch spendet Cosco regelmäßig überschüssige Lebensmittel an die bekannte Foodbank in Japan, Second Harvest Japan.
Energy Supa Tajima ist eine kleine Kette in Tokyo, welche vorrangig innerhalb der Shitamachi genannten Regionen kleine Läden unterhält, welche dabei auch eher an einen unabhängigen lokalen Supermarkt erinnern. Hier bekommt man alles Wichtige an Lebensmitteln für den alltäglichen Gebrauch. Wenn es etwas spezieller sein soll, wird man hier jedoch nicht unbedingt immer fündig.
Wer dann doch sichergehen will, auch alles zu bekommen, der kann schauen, ob es in der Nähe einen Olympic oder OK Market gibt. Während Olympic neben dem gewöhnlichen Supermarkt mit großer Auswahl noch Fahrradläden und Baumärkte unterhält, bekommt man im OK Market wirklich alles, was das Herz begehrt. Je nach Lage des Marktes ist das Angebot kaum zu überblicken. Es gibt reihenweise frisches Obst und Gemüse, Konserven, Backwaren, Haushaltsgegenstände, Reinigungsmittel und viel mehr. Fast alles gibt es in unzähligen Variationen und Preisklassen, sodass man hier in der Regel wirklich alles findet, was man für einen Wocheneinkauf benötigt.
Wer es ein wenig günstiger mag, kann darüber hinaus auch einfach mal schauen, ob es einen Gyomu Supa gibt. Dieser Supermarkt erinnert ein wenig an einen Discount-Markt, wie man ihn aus Deutschland kennt. Allerdings ist er ein wenig größer. Die Preisschilder sind oftmals handgeschrieben und es ist nicht immer alles wunderschön ausgeleuchtet, wie man es vielleicht sonst gewohnt ist. Dafür bekommt man eine große und oftmals wechselnde Auswahl an frischen Zutaten, Tiefkühlwaren, Tofu, Gewürzen und vieles mehr.
Überdies bekommt man hier auch immer wieder beliebte Artikel, welche man eher aus Europa kennt: Mischgemüse aus Erbsen, Möhren und Mais, Gewürzgurken, Apfelmus und verschiedene europäische Süßigkeiten sowie eine gute Auswahl an Käse. Getränke gibt es auch, allerdings sind diese nicht so zahlreich und wer zu spät einkauft, der bekommt eventuell nicht mehr, was er haben möchte. Alles ist in großer Zahl da, wird aber irgendwann nicht mehr nachgelegt und je nach Woche kann es auch sein, dass es bestimmte Artikel gar nicht mehr im Angebot gibt. Es gibt natürlich noch viel mehr Märkte in Japans Städten und dabei hat fast jede kleine Nachbarschaft auch ihre eigenen Märkte für die Anwohner.

Kochen im Alltag
Eine kleine Wohnung bietet in der Regel auch nur eine sehr kleine Nische, wo sich die Küchenzeile befindet. In unserer Wohnung haben wir den Genkan (Eingangsbereich) und dahinter befindet sich auf der linken Seite die eigentliche Küche. Dabei haben wir auf unserem Gasherd zwei Kochstellen, daneben die Spüle und dann den Platz, wo der Kühlschrank mit einem kleinen Ofen drauf steht. Dieser Ofen hat die Größe einer Mikrowelle, was hier recht üblich ist.
Wo befindet sich nun die Arbeitsfläche? So etwas haben wir in dem Sinne nicht. Auf der Spüle haben wir ein kleines Gitter, um etwas Geschirr zu trocknen. Viel geht da aber auch nicht drauf, und ein Holzbrett legen wir über die Spüle, wenn wir etwas zubereiten wollen. Wie man sieht, da muss man sich schon etwas einfallen lassen, wenn man mal etwas aufwendiger kochen will. Unter der Spüle und dem Herd haben wir immerhin ein wenig Stauraum und das Praktische ist, dass die abwaschbaren Wände um die Küchenzeile herum magnetisch sind. Daher können wir magnetische Regale und Haken einfach so an der Wand befestigen und allerlei Sachen dort platzieren.
Hier sei auch noch einmal gesagt, dass man in der Wohnung zumeist absolut nichts verändern darf. Also Wände streichen? Fehlanzeige. Ein Regal oder einen Schrank an die Wand hängen? Auch verboten. Es ist nicht so, dass es dafür nichts gibt, aber solche Möbelstücke sind eher für Leute, welche ein eigenes Haus haben. Aus diesem Grund müssen wir uns vorher immer gut überlegen, was wir kaufen, denn auch wenn es nützlich ist, muss man es auch irgendwo verstauen können.
Ein Gasherd ist auch etwas, was man im Alltag in Deutschland eher seltener erlebt. In Japan gehört der Gasherd allerdings zum Alltag. Daher mussten wir natürlich auch unsere Kochtechniken dementsprechend anpassen. Auch wenn unser Gasherd dabei, wie unsere Wohnung, relativ neu ist, ist es immer recht schwer, etwas auf niedriger Flamme zu erhitzen. Meist wird das Essen doch schneller heiß, als gedacht. Dabei müssen wir immer genau aufpassen, denn gerade zu Beginn passierte es uns regelmäßig, dass etwas in der Pfanne leicht anbrannte.
In Deutschland hatte ich auch regelmäßig Brot gebacken und ich habe mir fest vorgenommen, das hier in Japan auch wieder zu tun. Die Hefe selbst anzuzüchten ist dabei gar nicht das Problem, doch während ich in unserer Wohnung in Berlin viel Platz hatte, um den Teig zu kneten und zu schlagen, fehlt uns dieser Platz hier in Japan. Meine bisherigen Versuche schlugen daher leider fehl. Ich bin noch auf der Suche nach einem Mixer mit Knethaken, der entsprechend klein ist, sodass wir ihn auch gut verstauen können. Dieser würde auch eine große Hilfe für Susann sein und ihre Kuchen, die sie regelmäßig backt.

Weniger Platz in der Wohnung
Es ist schon etwas anderes, in einer Mehrzimmer-Wohnung zu leben, mit getrenntem Schlaf- und Wohnzimmer. In einer Einzimmer-Wohnung, mit der Küche beim Eingang, verbringt man den Großteil seiner Zeit Zuhause in einem einzelnen Raum. Es ist dabei nicht so, dass wir ein Problem damit haben, gemeinsam in ein- und demselben Raum zu sitzen. Allerdings möchte man, nun vor allem in einer Zeit, in der das Homeoffice immer mehr genutzt wird, auch mal eine Trennung zwischen dem Arbeitsplatz und dem Raum für die Freizeit haben.
Aber nicht nur uns geht es so. Nie sind uns im Alltag in den Parks so viele Menschen begegnet wie hier in Japan. Und das nicht nur zu den regelmäßigen Sommerfesten. Sobald die Temperaturen ein wenig ansteigen, beginnen die Menschen, sich in den Parks zu versammeln. Auf Picknickdecken, mit Zelten oder mit Tischen und Stühlen genießen die Japaner die Natur, auch inmitten des pulsierenden Tokyos.
Aber nicht nur in den Parks haben wir unseren Wohnraum indirekt ausgeweitet und sind an warmen Tagen regelmäßig dort anzutreffen. Susann und ich haben uns nie wirklich für Cafés interessiert, bevor wir nach Japan gekommen sind. Hier suchen wir jedoch vorzugsweise kleine, charmante Cafés auf und verbringen ein wenig Zeit darin. Auch in Stunden, in denen man auf etwas warten muss, oder in der Zeit als ich die Sprachschule besucht habe, ist ein Café ein idealer Ort, um im Alltag zu entspannen, zu lernen oder auch zu arbeiten. In Japan ist es nicht ungewöhnlich, in einem Café mehrere Stunden zu sitzen und dabei vielleicht nur einen einzigen Kaffee zu trinken.
Aber hier muss man bedenken, dass es nicht in jedem Café gestattet ist, die Zeit auch zum Arbeiten und zum Lernen zu nutzen, also eine relativ lange Zeit dort zu verbringen, ohne eigentlich durchgehend etwas zu kaufen. Solche, die es erlauben, bieten dazu oftmals auch kostenloses WLAN und Steckdosen für Smartphones oder Notebooks an. Aber nicht nur in Cafés verbringt man in Japan die Zeit gerne auch mal ein wenig produktiver. Auch Familienrestaurants wie Gusto bieten mit ihren „All you can drink“ Trinkbar-Angeboten für Schüler einen idealen Ort, um gemeinsam die Hausaufgaben zu machen.

Ein Fahrrad ist ein hilfreicher Begleiter
Radfahren rückt weltweit im Alltag immer mehr in den Fokus und auch in Tokyo hat sich spätestens nach dem großen Kanto-Erdbeben im Jahr 2011 das Fahrrad etabliert. Die Menschen haben zu dieser Seit gemerkt, dass öffentliche Verkehrsmittel im schlimmsten Fall ausfallen können. Sei es nun das kleine Klapprad, das Sportfahrrad oder das massive Mamachari, Menschen auf Fahrrädern begegnet man überall und manchmal auch dort, wo sie nicht hingehören. Es kommt leider oft vor, dass jemand auf einer viel befahrenen Straße auf der falschen Seite fährt, und somit ein Risiko für sich und andere darstellt.
Viele Informationen und Tipps zum Fahrrad kaufen und fahren in Japan findet ihr in unserem Artikel: Mit dem Fahrrad durch Japans Städte.
Manchmal schieben wir unser Rad auch einfach nur und beladen den Korb mit unserem Wocheneinkauf. Wir nutzen es im Alltag vor allem, um uns innerhalb Tokyos von einem Ort zum anderen zu bewegen und um auf dem Weg neue Dinge zu entdecken. Es ist wesentlich einfacher, mal spontan vom Fahrrad abzusteigen, weil man etwas Interessantes gesehen hat, als wenn man mit einem Auto erst einen teuren Parkplatz finden muss. Den Shakuji Park in Nerima haben wir so rein zufällig entdeckt, als wir eigentlich ein ganz anderes Ziel vor Augen hatten.
Anders muss nicht unbedingt schlimmer sein
Natürlich sind manche Dinge nicht mehr so einfach, wie in Deutschland. Allerdings kommen damit auch neue Chancen, um etwas Neues zu lernen. Wenn man für neue Erfahrungen offen ist, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung. Leben im Ausland ist immer eine Herausforderung, doch besonders im Alltag erlebt man auch immer wieder neue Überraschungen.
Auswandern ist nie leicht und auf Dinge verzichten möchte man natürlich auch eher ungern. Doch auch wenn es nicht möglich ist, alles mitzunehmen, haben wir im Alltag in Japan schnell gelernt, Dinge zu adaptieren und unsere eigenen Interessen und Gewohnheiten anzupassen und zu erweitern.