Ginzan Onsen – Schnee, heiße Quellen und goldener Glanz

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Im Dezember 2021 schafften wir es endlich, den kleinen Ort Ginzan Onsen zu besuchen. Im Zuge unserer zehntägigen Tour durch die Tohoku Region war dies unser finaler Stopp, bevor es wieder zurück ins schneefreie Tokyo ging. Ich sage hier bewusst schneefreies Tokyo, weil wir nach dem märchenhaften Schneefall in Zao Onsen nun auch Ginzan Onsen in seiner wahrscheinlich schönsten weißen Pracht erleben durften.

Ein kleiner Zwischenstopp in Oishida

Wer Ginzen Onsen besuchen möchte, nutzt in der Regel die öffentlichen Verkehrsmittel. Hierzu fährt man zuerst mit dem Zug nach Oishida, um von dort dann mit dem Bus nach Ginzan Onsen zu fahren. Die Busfahrt dauert dabei etwas über 30 Minuten und je nach Ankunftszeit kann es sein, dass man noch eine Weile in Oishida warten muss.

Direkt neben dem Bahnhof gibt es dafür ein separates Wartehaus für den Bus. Wir waren nicht die einzigen, die an dem Tag weiter nach Ginzan Onsen fahren wollten und innerhalb des Wartehauses gab es nicht nur genügend Bänke, um sich ein wenig auszuruhen, sondern auch einen Gas-Ofen zum Aufwärmen und Trocknen von Kleidern. Direkt neben dem Eingang hatte man außerdem noch einen kleinen Informations- und Verkaufsstand eingerichtet. Der nette Herr dort informierte uns über die Abfahrtszeiten, und sagte uns auch, wo wir in der Nähe eine öffentliche Toilette finden würden. Nicht, dass wir diese dann wirklich gefunden hätten, aber sie war zumindest theoretisch da!

Außerdem gab es direkt neben dem Eingang noch einen Tisch, um sich einen Erinnerungstempel zu holen. Dieser Stempel bestand aus mehreren einzelnen Stempeln, welche je ein Teil des fertigen Bildes in einer eigenen Farbe darstellten. Man kann sich das in etwa wie den traditionellen japanischen Farbholzschnitt vorstellen, eine Technik, welche auch der Künstler Katsushika Hokusai für seine Werke der Reihe „36 Ansichten des Berges Fuji“ genutzt hat. In folgendem Artikel könnt ihr mehr über unseren Besuch im Hokusai Museum lesen.

Etwa eine Stunde warteten wir, bis wir dann mit dem Bus weiter nach Ginzan Onsen fahren konnten. Vorher kauften wir uns aber noch bei einer lokalen Bäckerei gegenüber dem Bahnhof ein paar leckere Käsesnacks, um uns die Wartezeit ein wenig angenehmer zu gestalten. „Support the Locals!“, ist hier unsere Devise.

Ankunft und nasse Füße

Als wir aus dem Bus stiegen, mussten wir zuerst noch einige Meter eine schlecht geräumte und glatte Straße hinuntergehen, um den eigentlichen Onsen-Ort zu erreichen, von dem wir schon so viel gehört hatten. Langsam schlichen wir also gemeinsam mit anderen Reisenden die Straße hinab und erreichten nach wenigen Minuten auch das Herz von Ginzan Onsen: die berühmte Szene mit dem dampfenden Fluss in der Mitte und zahlreichen alten Häusern rechts und links.

Die Menschen hier sind darüber hinaus auch sehr einfallsreich, wenn es darum geht, die Gehwege frei von Schnee und Eis zu halten. Ab einer gewissen Höhe leiteten sie einfach heißes Wasser aus den natürlichen Vorkommen auf die Gehwege, sodass diese relativ problemlos begehbar waren.

Ich schreibe hier bewusst relativ, denn dieser Komfort brachte natürlich für die nicht ideal vorbereiteten Besucher eine neue Herausforderung. Wer nicht besonders hohe Sohlen und perfekt wasserdichte Schuhe hatte, bei dem dauerte es nur wenige Sekunden bis die Füße nass wurden. Das eigentlich warme Wasser kühlte natürlich auch sehr schnell wieder ab und so bekam man nicht nur eisige Füße, sondern riskierte darüber hinaus auch die eine oder andere Krankheit, die damit einhergehen kann.

Zum Glück war unsere Unterkunft darauf vorbereitet und bot für die Besucher kostenlose Gummistiefel zum Ausleihen an. Das war auch absolut notwendig, denn während meine Schuhe eigentlich relativ wintertauglich waren, hatte Susann schon sehr schnell mit dem kalten Wasser in ihren Schuhen zu kämpfen. Es schien uns auch so, als wenn andere Unterkünfte ebenfalls Gummistiefel anboten, denn nachdem wir unser Gepäck vorzeitig abgegeben haben, hatten immer mehr Menschen ihre bisherigen Schuhe gegen besagte Stiefel eingetauscht.

Eine Geschichte im silbernen Glanz

Der Name Ginzan Onsen setzt sich aus den Wörtern „Ginzan“, was Silbermine bedeutet, und „Onsen“ zusammen, was ja die bekannten heißen Quellen sind. Bevor dieser Ort für diese bekannt wurde, waren es in der Tat die Arbeiter der Nobenzawa Silbermine, welche vor ungefähr 500 Jahren das heiße Wasser entdeckten.

Anfang des 17. Jahrhunderts war dieser Ort dann auf seinem vorläufigen Hoch der Bekanntheit. Mit der Zeit versiegten jedoch die Vorkommen der Silbermine und der Ort entwickelte sich mit der Zeit zu dem heute bekannten Ginzan Onsen. Die zahlreichen mehrstöckigen Ryokan entstanden zur Taisho Zeit und auch die Gaslampen bieten noch heute das, was dem Ort besonders in den Abendstunden einen märchenhaften Glanz verleiht.

Im Zentrum von Ginzan Onsen befindet sich der vierstöckige Notoya Ryokan. Gegründet im Jahr 1892, entstand das gegenwärtige Bauwerk im Jahr 1921 und wurde zum nationalen Kulturgut erklärt. Die charakteristische Gebäudearchitektur umfasst viele detaillierte Stuck-Gravuren, auf Japanisch Kote-e genannt. Diese traditionellen Kunstwerke schmücken auch noch andere Gebäude in der Umgebung und verleihen der Stadt ein kunstvolles Erscheinungsbild.

In Ginzan Onsen den Berg hinauf

Eigentlich besteht der Teil des Ortes, der für Besucher interessant ist, aus nur einer einzigen Fußgängerzone mit dem zentral verlaufenden Ginzan Fluss und dem dahinter liegenden Shirogane Park. Die Fußgängerzone selbst besteht aus jeweils einem Gehweg zu beiden Seiten des Flusses. Hier kann man alle paar Meter eine der zahlreichen Brücken überqueren.

Platz für Autos gibt es hier eigentlich nicht, aber zahlreiche Roller und Mopeds kann man dennoch antreffen. Der Schnee hatte den gesamten Ort bedeckt und regelmäßig rutschten Teile des Schnees von den Dächern und fiel polternd auf die Wege. Auch Eiszapfen schmückten die Kanten von Häusern, Brücken und Geländern und vermittelten ein wenig das Gefühl, sich am sagenumwobenen Nordpol zu befinden, wo angeblich der Weihnachtsmann zu Hause ist.

Im Zentrum des Shirogane Parks befindet sich der 22 Meter hohe Shirogane Wasserfall. Der Fakt, dass es sich auch hier um natürliches warmes Wasser handelt, wusste uns zu begeistern. Eigentlich bringt man ja einen Wasserfall eher mit Frische oder gar Kälte in Verbindung, oder?

Direkt hinter dem eigentlichen Teil von Ginzan Onsen und vor dem Wasserfall kann man über einen sehr schmalen Pfad den Fluss überqueren, um auf der gegenüberliegenden Seite mehrere Treppen hinaufzugehen. Hier gibt es ein paar wirklich tolle Aussichtsplattformen. Von dort kann man das gesamte Tal um Ginzan Onsen herum erblicken. Wir nutzen die Zeit, um zahlreiche Fotos und Videos zu machen, welche wir dann am Abend auch zeitnah auf unseren Kanälen teilen konnten.

Es gibt in Ginzan Onsen auch die Möglichkeit, die alte Silbermine zu besichtigen. Diese ist im Winter allerdings für Besucher geschlossen, sodass wir nicht hineingehen konnten. Auch den Shirogane Park kann man noch ausführlicher entdecken, was jedoch durch die Schneemassen ebenso nicht möglich war.

Aufwärmen und verzaubern lassen

Wir entschlossen uns dann, weil wir schon einige Stunden seit dem Frühstück auf den Beinen waren, uns in einem der zahlreichen Cafés etwas aufzuwärmen. Während Susann etwas Warmes zu trinken hatte, war es bei mir mit dem Aufwärmen nicht so weit her, denn ich hatte ein Eis bestellt, welches ein echtes Weihnachts-Special war. Aus dem zweiten Stock, was nach deutscher Zählung der erste wäre, konnten wir von unserem Platz aus hinunter auf die Fußgängerzone blicken. Im Warmen sitzen, während draußen alles mit Schnee bedeckt ist: so eine romantische winterliche Stimmung kann man wahrscheinlich nur hier erleben.

Als wir das Café wieder verlassen hatten, brach auch langsam die Dunkelheit herein. Dank der Lichter in und an den Gebäuden und den Gaslampen entlang der Gehwege begann Ginzan Onsen nun wirklich die Stimmung auszustrahlen, wie man sie von den zahlreichen Fotos kennt. Sanftes gelbes Licht vermischte sich mit dem klaren Weiß des Schnees.

Wir waren auch nicht die Einzigen, die sich hier dran erfreuten. Immer mehr Menschen kamen nun heraus und begannen überall und zu jeder Zeit Fotos zu machen. Wir taten es ihnen natürlich gleich und spazierten gleich mehrere Male die Fußgängerzone in verschiedene Richtungen entlang. Mit ein wenig Geduld kann man hier wirklich viele schöne Aufnahmen machen: große Szenerien, welche die gesamte Stimmung von Ginzan Onsen einfangen, oder auch kleine fokussierte Aufnahmen, welche wunderschön die Liebe der Japaner zum Detail widerspiegeln.

Ein grandioses Abendessen

Später wurde es auch Zeit, zurück in die Unterkunft zu gehen, denn vor dem Essen wollten wir uns auf jeden Fall erst einmal richtig aufwärmen. Unsere Unterkunft war ein mehrstöckiger Ryokan (Matsumoto Ryokan), der von einigen älteren Herrschaften betrieben wurde. Wenn man eintrat und seine Schuhe auszog, sah erst einmal alles ein wenig dunkel und chaotisch aus, doch die Unterkunft war sehr charmant und man konnte ebenfalls in dem hauseigenen Onsen entspannen.

Mit dem Fahrstuhl ging es dann bis hoch zu unserem Zimmer. Das Treppenhaus war relativ schlicht gehalten und erinnerte uns fast schon ein wenig an Europa, doch das Zimmer war stilecht japanisch.

Das Essen wurde auf mehreren kleinen Tischen in unser Zimmer gebracht. Neben Yakiniku, Tofu, verschiedenen Fischen, Suppe, Reis, Gemüse und einer Nachspeise gab es nichts, was man sich noch hätte wünschen können. Das Feuer zum Erhitzen der verschiedenen Speisen wurde auch erst im Zimmer entfacht, sodass das Essen selbst nicht nur ein Genuss, sondern auch ein echtes kleines Erlebnis war.

Wir haben schon in einigen Unterkünften genächtigt, in denen hochwertiges Essen angeboten wurde, aber die Qualität und die Menge, welche uns die Damen hier im Zimmer servierten, war die Königsklasse.

Frühstück und Abschied

Das Frühstück stand dem Abendessen in nichts nach. In einem traditionellen Speisesaal hatte jeder seinen eigenen Platz und bekam auch hier ein sehr hochwertiges Frühstück serviert. Wir ließen uns noch einmal richtig Zeit, um diese besondere Stimmung in uns aufzusaugen. Heute sollte es ja wieder zurück nach Tokyo gehen.

Nach einem kleinen vorerst letzten Spaziergang durch Ginzan Onsen machten wir uns auf den Weg zum Parkplatz, auf dem wir abgeholt werden sollten. Die Unterkunft hatte nämlich einen eigenen kostenlosen Shuttletransport von Ginzan Onsen bis nach Oishida organisiert. Das machte die Sache natürlich wesentlich einfacher und vor allem auch günstiger für uns.

Während der Fahrt nach Oishida erzählte der Busfahrer beinahe durchgehend Dinge über die Orte, an denen wir vorbeifuhren. Leider war er ein wenig leise, sodass man ihn nicht immer verstehen konnte. Dennoch war es schön zu sehen, dass er wirklich Freude daran hatte, über all diese Dinge zu sprechen.

Bestimmt nicht unser letztes Mal

Auch wenn Ginzan Onsen nicht besonders groß ist und man in wenigen Minuten alles gesehen hat, was es zu sehen gibt, werden wir sicherlich ein weiteres Mal hierherkommen, um diesen kleinen Ort zu besuchen. Wir können uns auch vorstellen, uns beim nächsten Mal etwas mehr Zeit zu nehmen als nur eine einzige Übernachtung, denn gerne würden wir auch zusätzlich die umliegende Region zu Fuß erkunden.

Wer mehr über Tohoku lesen will und auch etwas Katzen Content sehen mag, der kann sich gerne unseren Artikel zum Thema Tashirojima – ein Leben mit und für die Katzen durchlesen.

Weitere Informationen

Japan meine Liebe foto von Susann Schuster

Ort: Ginzan Onsen
Präfektur: Yamagata
Webseite (EN)

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