Für die meisten Menschen, die sich für Japan interessieren, ist das Theater nicht unbedingt besonders weit oben auf der Liste der Dinge, welche sie unbedingt einmal oder sogar mehrfach erleben wollen. Und doch ist die traditionelle Theaterkunst in Japan oder Dentou Geino, wie sie auf Japanisch genannt wird, nicht nur tief in der Geschichte des Landes verwurzelt, sondern spielt auch noch heute inmitten der schnelllebigen Gesellschaft eine Rolle.
Allen voran sind es Künste wie das Kabuki, Bunraku, Nohgaku, Gagaku und nicht zuletzt das aus dem Ryukyu Königreich stammende Kumi-odori, welche einen wichtigen Teil der heutigen japanischen Kultur widerspiegeln.


Kabuki – Das Theater aus der Edo-Zeit
Von allen genannten Künsten ist das Kabuki vermutlich das, von denen nicht nur die meisten schon gehört, sondern auch ein ungefähres Bild vor Augen haben. Im Jahr 2005 in die Liste für das repräsentative immaterielle Kulturerbe der Menschheit der UNESCO aufgenommen, ist Kabuki eine Form des Theaters bestehend aus Tanz, Pantomime und Gesang.
Insgesamt gibt es ungefähr 400 verschiedene Kabuki Stücke, welche noch heute ausschließlich von männlichen Darstellern aufgeführt werden. Diese werden in zwei verschiedene Varianten unterteilt. Einmal das Jidai-mono, was ein historisches Theater darstellt und dann das Sewa-mono, welches von der Liebe, dem Leben und der Menschlichkeit der Bürger in Edo handelt.
Bis zu dem Kabuki von heute, mit den aufwendig geschminkten Schauspielern und den Geschichten mit einer Dauer von oftmals mehreren Stunden, war es allerdings ein langer Weg. Es mag dabei vielleicht überraschend sein, doch Kabuki wurde nicht immer ausschließlich von Männern aufgeführt.
Alles begann zum Ende des 16. Jahrhunderts, als das Zeitalter des Krieges sich allmählich dem Ende neigte, und die Menschen begannen, eine Leidenschaft für eine neue Form der Unterhaltung zu entwickeln. Eine dieser Formen war der Furyu-odori Tanz. Hierbei trugen die Menschen verschiedene Kostüme, um dann gemeinsam in einem Kreis zu tanzen.
Die Geschichte des Kabuki
Mit dem Beginn der Edo Periode entstand dann das sogenannte Kabuki-odori, welches von Frauen aufgeführt wurde, die Okuni genannt wurden. Kabuki-odori war ein Tanz, der die Kostüme und Bewegungen der damals beliebten, ungewöhnlich gekleideten Kabuki-Schauspieler aufgreift. Bei dieser Kunstform besuchte eine als Mann verkleidete weibliche Schauspielerin auf der Bühne ein Teehaus und führte mit den dort befindlichen Frauen Gesang und Tanz auf. Diese Form der Unterhaltung wurde von den Menschen begeistert aufgenommen, und zwar nicht nur beim gemeinen Volk, sondern auch von den Samurai und dem Adel.
Mit steigender Beliebtheit des Kabuki-odori begannen immer mehr Frauen-Gruppen diese Kunstform zu übernehmen und zu erweitern. Diese Form wurde dann als Onna-Kabuki („Frauen Kabuki“) bezeichnet. Auch die damals noch neue Shamisen fand ihren Einsatz in den Aufführungen, die landesweit immer mehr Aufmerksamkeit auf sich zogen. Mit den steigenden Zahlen an fanatischen Zuschauern kam es schlussendlich innerhalb der Zuschauerränge immer wieder zu Auseinandersetzungen und gar Kämpfen, weswegen das herrschende Shogunat und die Feudalherrscher seiner Zeit das Onna-Kabuki verbot, mit der Begründung es würde die öffentliche Moral verderben.


Infolgedessen gewann das Wakashu-Kabuki („Kabuki der jungen Männer“), welches ebenfalls in dieser Zeit entstand, zunehmend an Popularität. Diese Form des Kabuki fokussierte sich auf akrobatische Bewegungen und komödiantische Figuren, wie man sie im Onna-Kabuki nicht zu sehen bekam. Da diese Form jedoch ebenfalls mit dem verführerischen Aussehen junger Männer spielte, wurde auch diese Kunstform verbannt.
Das sorgte natürlich dafür, dass die Kabuki-Schauspieler nach neuen Wegen suchten, aufzutreten, woraus das Yaro-Kabuki („Männer Kabuki“) entstand. In dieser Form stellten die jungen Schauspieler sich als Männer dar und auch die Performance selbst hatte sich vom athletischen Musizieren und Singen zu einer Form mit tiefergehenden dramatischen Geschichten entwickelt und wurde somit zu einer ernst zu nehmenden Kunstform. Die Tradition, bei der Männer auch im heutigen Kabuki ebenfalls die Rollen der Frau spielen, kommt übrigens noch aus dem Wakashu-Kabuki, wo solche Rollen dann allerdings doch eher komischer Natur waren.
Bunraku – Das japanische Figurentheater
Auch wenn das Bunraku mit großen beweglichen Puppen aufgeführt wird, sind die Themen, von denen bei den Aufführungen erzählt wird, nicht unähnlich derer des Kabuki. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Kunst des Bunraku aus der gleichen gesellschaftlichen Schicht entstanden ist. Es gibt sogar Stücke, welche in beide Formen des Theaterspiels adaptiert wurden.
Bunraku wird auch als Ningyo-joruri bezeichnet, wobei Ningyo das Wort für Puppe ist und Joruri der Name einer Art von Gesang ist, der von der Shamisen begleitet wird, was die drei Elemente des Bunraku-Theaters sind. Oftmals handelt das Bunraku in seinen Erzählungen jedoch auch von tragischen Liebesgeschichten, welche mit einem Selbstmord enden. Im Jahr 2005 ist das Bunraku in die Liste für das repräsentative immaterielle Kulturerbe der Menschheit der UNESCO aufgenommen worden.
Die Puppen, welche für diese Form des Spiels genutzt werden, haben eine Größe von bis zu 1,5 Metern. Sie haben darüber hinaus einen sehr komplexen mechanischen Aufbau und werden von drei Personen, welche die meiste Zeit unter einem schwarzen Anzug verborgen sind, gespielt. Diese kontrollieren gemeinsam nicht nur die Position der Puppe, sondern natürlich auch ihre Arme sowie ihre Augen oder gar Augenbrauen. Im Gegensatz zum Noh-Theater, wo es keinerlei wirkliche Darstellung von Emotionen gibt, basiert das Bunraku darauf, jede noch so kleine Emotion darstellerisch wiederzugeben.
Die Geschichte wird hierbei nicht von den Puppenspielern selbst, sondern vom sogenannten Tayuu wiedergegeben. Er liest die gesamte Geschichte professionell betont vor und spricht ebenfalls alle Stimmen der künstlichen Akteure. Wie auch im Kabuki können Stücke des Bunraku mehrere Stunden gehen, weswegen die Arbeit des Tayuu sehr anstrengend ist und er sich auch während der Aufführung mit anderen abwechselt. Die Bunraku-Stücke haben dabei oftmals eine eigene Energie und sowohl Tiere als auch sprichwörtlich fliegende Charaktere können hier die Zuschauer begeistern.
Die Geschichte des Bunraku
Schon in frühen Zeiten, und zwar im 11. Jahrhundert, wurden Puppen verwendet, um Geschichten zu erzählen. Doch die eigentliche Entwicklung des Bunraku erfolgte erst viel später in den 1570er-Jahren, als die Shamisen von den Ryuku-Inseln nach Japan gebracht wurde. Erst Gegen Ende der Meiji-Ära wurde die Kunst dann auch als das heutige Bunraku bekannt.
Ganz zu Beginn waren die Vorläufer der heutigen Aufführungen in erster Linie Teil religiöser Zeremonien. Es gibt sogar noch heute in Japan Schreine, in denen Medien mithilfe Puppen Geschichten erzählen. Die ehemals verwendeten Shinto-Puppen, die ausschließlich für religiöse Darbietungen verwendet wurden, stellten dabei jedoch nicht die Götter selbst dar. Stattdessen waren sie hölzerne Kreaturen, die vorübergehend von den Göttern besessen waren und die Handlungen der Götter nachahmten. Diese Puppen wurden auch an Shinto-Schreinen verwendet, um heilige Tänze aufzuführen. Damals glaubte man, dass der Hauptakteur der Shinto-Puppe die von Gott selbst gesprochenen Worte wiedergab.


Auch wenn diese Puppenspiele zu Beginn ausschließlich für die Götter bestimmt waren, entwickelten sie sich schließlich zu einer Kunstform, welche die Menschen begeisterte. Der Name Bunraku war ursprünglich noch nicht der Name für die Kunstform selbst, sondern der Name des Theaters, in dem das Figurentheater vorgeführt wurde. Später jedoch wurde er auch als Name für die Kunst selbst verwendet. Überdies wurde ursprünglich das Bunraku noch im Freien aufgeführt, bis es dann im 17. Jahrhundert in die Theater überging.
Auch die Form der Geschichten und wie sie erzählt wurden, hat sich im Laufe der Zeit natürlich verändert und erweitert. Bis zu den 1680er-Jahren waren Puppenspiele noch einfache Geschichten, die von einem Erzähler vorgetragen und parallel mit den Puppen nachgespielt wurden. Der Bunraku-Gesang wurde durch die Bemühungen von Uji Kaganjo in eine hoch entwickelte Kunst verwandelt. Er war ein Sänger, welcher einige Formen, Themen und musikalische Symbole des Noh-Theaters in das Bunraku integrierte.
Die frühen Bunraku-Stücke waren besonders durch die Darstellung blutiger Szenen mit übernatürlichen Taten beliebt, die für menschliche Schauspieler nicht möglich waren. Im späten 17. Jahrhundert wurde die Kunstform revolutioniert, als der Dramatiker Chikamatsu Monzaemon Geschichten über gewöhnliche Männer und Frauen schrieb, welche mit Problemen konfrontiert wurden.
Nohgaku – Die älteste noch heute aufgeführte Theaterkunst
Das Nohgaku ist eigentlich ein Überbegriff für die drei Theaterformen Noh, Shiki Sanban und Kyogen. Am ehesten bekannt sind hierbei die beiden Formen Noh und Kyogen, welche auch oft gemeinsam aufgeführt werden. Im Jahr 2008 ist das Nohgaku in die Liste für das repräsentative immaterielle Kulturerbe der Menschheit aufgenommen worden.
Noh
Der Begriff Noh bedeutet Talent oder Kunstfertigkeit, denn für jede Aufführung, bei der Schauspiel, Tanz, Musik und andere Elemente auf komplexe Weise kombiniert werden, sind hohe schauspielerische oder technische Fähigkeiten erforderlich. Die heutigen Schauspieler müssen auch die Sprache der Originalskripte beherrschen, die in einer alten Version des Japanischen geschrieben sind. Die Noh-Schauspieler verkörpern weniger Figuren und fungieren vielmehr als Geschichtenerzähler, welche die Geschichte des Stücks erzählen. Sie verkleiden sich zwar als bestimmte Persönlichkeiten, aber ihre Gesten vermitteln eher eine Geschichte, als dass sie diese vollständig darstellen. Durch langsame, minimalistische Bewegungen und kunstvolle Masken und Kostüme werden Handlungen und Gefühle anstelle von intensiven Aktionen oder detaillierten Dialogen dargestellt.
Noh, so wie es heute bekannt ist, entstand im 14. Jahrhundert. Diese Form des musikalischen Theaters wurde von Kan’ami Kiyotsugu und seinem Sohn Zeami ins Leben gerufen und verbreitete sich schnell am Hof des Kaisers. Ashikaga Yoshimitsu, der damalige Shogun Japans, erlebte, wie Kan’ami seine einzigartige Version der Spielform „Sarugaku“ aufführte. Kan’ami war ein geschickter und vielseitiger Schauspieler jener Zeit. Obwohl er körperlich groß war, konnte er zarte Frauen und starke Männer mit gleichem Erfolg darstellen.
Der Shogun war von den musikalischen und schauspielerischen Talenten Kan’amis und seines jungen Sohnes so beeindruckt, dass er sofort Schirmherr wurde. Zeami wurde am Hof in den Künsten ausgebildet und Kan’ami setzte seine erfolgreichen Aufführungen fort, die später als Noh bezeichnet wurden. Zeami führte die Tradition nach dem Tod seines Vaters fort und perfektionierte sie, sodass sie bis heute fortbesteht.
Ein typisches Noh-Stück ist relativ kurz und enthält nur wenige Dialoge. Die Geschichten stammen dabei aus der klassischen Literatur und schildern sowohl wahre als auch mythische Ereignisse, in denen oft Fabelwesen auftreten. Das Märchen von Genji, der erste fiktionale Roman der Welt über einen Mann, der zwischen dem kaiserlichen und dem gewöhnlichen Leben hin- und hergerissen ist, ist eine berühmte Vorlage. Ebenso das Märchen von der Heike, eine Erzählung über einen epischen Krieg aus dem zwölften Jahrhundert.
Masken sind im Noh einer der wichtigsten Bestandteile eines Charakters und werden so sehr verehrt, dass ihnen fast spirituelle Kräfte zugeschrieben werden. Sie repräsentieren die Persönlichkeit und die Emotionen eines Charakters. Japanische Noh-Masken werden von geschickten Kunsthandwerkern hergestellt, wobei viele von ihnen eine lange Familientradition in diesem Beruf haben.
Auch die Fächer haben eine wichtige Bedeutung innerhalb des Noh.
Es gibt eine Reihe von Bewegungen mit dem Fächer, die in der Noh-Performance verschiedene Bedeutungen ausdrücken. Bei „Kazashi-ōgi“ ergreift der Darsteller mit der rechten Hand den Drehpunkt des Fächers und hält ihn über seinen Kopf; diese Handlung suggeriert einen Blick in die Ferne.
Beim „Tsuki-no-ōgi“-Muster legt der Schauspieler den offenen Fächer auf seine linke Schulter und blickt nach rechts. Beim „Hane-ōgi“ hält der Darsteller die äußere Rippe des geöffneten Fächers mit der linken Hand, legt ihn auf die rechte Schulter und bewegt ihn schnell nach vorne. Diese Bewegung stellt das Abschießen eines Pfeils dar, während die sanfte Bewegung den Fluss des Federkleides einer Nymphe ausdrückt. Beim „Yūken“-Muster wird der Fächer in einer weiten Bewegung auf- und abwärts geschwungen, was eine fröhliche Stimmung ausdrückt.


Kyogen
Kyogen ist eine Form des traditionellen Theaters, die sich als eine Art Pause und humoristische Abwechslung zwischen den ernsthaften Noh-Aufführungen entwickelt hat. Das Kyogen ist im Grunde relativ kurz, daher sind Kostüme, Masken und Requisiten schlicht. Darüber hinaus sind Masken auch nicht in jeder Aufführung vorhanden. Üblicherweise gibt es nur zwei oder drei Rollen, die immer von männlichen Schauspielern gespielt werden.
Im Kyogen ist das Schauspiel übertrieben, mit Slapstick und Satire, und obwohl die Aufführung von Flöten-, Trommel- und Gongmusik begleitet wird, liegt der Schwerpunkt eher auf dem Dialog und der Handlung als auf der Musik oder dem Tanz. Kyogen ist gerade deswegen wahrscheinlich gerade für die neuen Zuschauer des Noh eine etwas leichter verständliche Form des Theaters.
Kyogen entwickelte sich während der Muromachi-Periode als ungezwungene, volksnahe Unterhaltung, deren improvisatorischer Schwung mit dem der römischen Komödie oder commedia dell’arte-Traditionen vergleichbar ist. Ab der späten Muromachi-Periode und während der gesamten Edo-Periode war die aristokratische Förderung großzügig, doch eine lange Zeit wurden die Darsteller auf zugelassene, gildenähnliche Schulen beschränkt. Diese gehörten ausschließlich einer der vier offiziellen Noh-Schulen an (Kanze, Hōshō, Komparu und Kongō).
Durch den schwankenden Zuspruch der Aristokratie und das regionale Verständnis des Noh durch die Daimyo wurden die einzelnen Schulen jedoch weit über das Land verstreut. In anderen Familien, vor allem in der Kansai-Region, waren die Noh-Darsteller in Tempeln, Schreinen sowie im kaiserlichen Hofstaat nach wie vor beliebt.
Nach der Auflösung des Shogunats im Jahr 1868 und dem damit verbundenen Verlust des Schirmherrn suchten Kyogen-Akteure nach neuen Lehr- und Aufführungsmöglichkeiten in Schreinen und Tempeln, Kulturzentren, Stadthallen und Schulen. Ab dem Zweiten Weltkrieg erfuhr Kyogen eine neue noch nie dagewesene Welle der öffentlichen und akademischen Aufmerksamkeit.
Gagaku – Musik und Tanz am japanischen Kaiserhof
Gagaku bedeutet übersetzt elegante Musik und blickt auf eine sehr lange Tradition und Geschichte in Japan zurück und wird sogar als das älteste Orchester der Welt bezeichnet. Im Jahr 2009 wurde die Kunst des Gagagu von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erklärt.
Ungefähr ab dem 5. Jahrhundert gelangten Musik und Tänze aus den antiken Zivilisationen anderer Länder wie China und Korea nach Japan. Dies geschah etwa zur gleichen Zeit, als die buddhistischen Lehren und Kulturen das Land erfassten. Gagaku, eine Verschmelzung solcher Musik und Tänze, wurde um das 10. Jahrhundert in seiner endgültigen künstlerischen Form vollendet und von da an unter der Schirmherrschaft der kaiserlichen Familie weitergegeben.


Gagaku als solches kann in 4 verschiedene Kategorien aufgeteilt werden.
- Instrumentalmusik-Ensemble (Kangen)
- Tanzmusik (Bugaku)
- Gesänge (Saibara und Roei)
- Rituelle Musik für Shinto-Zeremonien
Kangen- und Bugaku-Stücke werden in zwei Gruppen unterteilt: Sahō bedeutet die Musik der linken Seite und Uhō die Musik der rechten Seite. Sahō besteht hauptsächlich aus Musik aus China und einigen aus Indien stammenden Stücken, während Uhō primär aus Stücken aus Korea und einigen wenigen aus der Mandschurei besteht.
In Gagaku-Konzerten werden die Saibara genannten Lieder oft zusammen mit Blas- und Streichmusik gespielt. Die Stücke wurden in der Heian-Zeit komponiert und bestehen aus modernen Volksliedern, die auf künstlerische Weise so verändert wurden, dass sie für den japanischen Hof attraktiver wurden. Das bisherige Repertoire von sechs Liedern wurde Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aufgefrischt.
Rōei, was wörtlich übersetzt „Rufen“ bedeutet, ist eine andere Art von Lied, dessen Texte aus zwei Sammlungen chinesischer und japanischer Poesie stammen. Diese heißen Wakan Rōei Shū und Shinsen Rōei Shū. Auch das Rōei war lange Zeit nicht mehr gebräuchlich, und die heutigen vierzehn Stücke wurden erst in der Neuzeit wieder eingeführt.
Die Form der Shinto Rituale hat ihren Ursprung in der Musik der Ureinwohner und wird bei den rituellen Zeremonien des Shintoismus am Hof und auch an Schreinen verwendet. Sowohl der Gesangsstil als auch die Instrumentierung sind hierbei besonders. Der gegenwärtige Stil entstand in der frühen Heian-Periode, als sich auch die anderen Stile des Gagaku entwickelten.
Kumi-odori – Das Theater aus dem alten Ryukyu Königreich
Die Theater-Form des Kumi-odori geht auf das Ryukyu Königreich zurück, welches einen Großteil der Inseln des heutigen Okinawa umfasste, bevor es nach und nach unter Zwang in Japan integriert wurde.
Kumi-odori ist eine Kombination von verschiedenen tänzerischen Ausdrucksformen, deren Wurzeln in Okinawa, China und auch Japan liegen. Im Jahr 2010 ist die Kunst des Kumi-odori in die Liste für das repräsentative immaterielle Kulturerbe der Menschheit der UNESCO aufgenommen worden.
Es enthält zudem Merkmale von religiösen Tänzen wie Kami-ashibi oder Chondara, sowie Umui genannte Gesangsformen, die in den damaligen Dörfern weit verbreitet waren. Das Theater vereint Musik, Gesang, Erzählung und Tanz, um eine dramatische Wirkung zu erzielen. Es wurde ursprünglich von ausschließlich männlichen Darstellern adliger Herkunft aufgeführt. Heute werden auch Frauen als Darstellerinnen engagiert, welche mitunter auch die Charaktere von jungen Männern spielen. Die Bewegungen des Kumi-odori sind bewusst langsam und bedächtig. Es gibt keine spektakulären Auftritte und auch keine erkennbaren Kunststücke, vielmehr liegt die Komplexität der Schritte in ihrer zurückhaltenden Einfachheit.


Ursprünglich wurde die Form des Theaters von Ryukyu geschaffen, um die Gesandten des chinesischen Kaisers zu empfangen. Während der Herrschaft der zweiten Shogun-Dynastie in Ryukyu war der Empfang von Gesandten aus den Ming- oder Qing-Dynastien ein wichtiges politisches Thema. Beim Chongyang-Bankett, dem vierten der sieben bekannten Bankette, die zum Empfang der Gesandten veranstaltet wurden, wurden verschiedene Tänze aufgeführt. Dies gilt als der eigentliche Beginn des Kumi-odori.
Seit seiner Entstehung war Kumi-odori als Unterhaltung für die Kriegerkaste auch außerhalb der Bankette der Feudalherren weit verbreitet. Mit der Zeit wurde es auch häufig auf den Bühnen kommerzieller Theater aufgeführt, wodurch sich sein Anwendungsbereich als Unterhaltung für das einfache Volk erweiterte, was seine Bekanntheit in der Gesellschaft immer weiter steigerte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Regierung von Ryukyu zur Präfektur Okinawa wurde, wurde der Tanz am 15. Mai 1972 von der japanischen Regierung als wichtiges immaterielles Kulturgut eingestuft. Auch heute noch wird Kumi-odori während des Erntedankfestes (auch „Jugoya“ oder „Mura Odori“ genannt) auf der Hauptinsel Okinawa und den umliegenden Inseln aufgeführt. Der berühmteste dieser Tänze ist der „Tanz des August der Tamara Insel“.
Ein noch heute bedeutender Teil japanischer Kultur
Es ist kaum möglich, die oben genannten Kunstformen in nur einem Artikel wirklich umfassend zu beschreiben, um ihnen und ihrer Bedeutung gerecht zu werden. Aber da diese Traditionen noch heute in vielen Bereichen der Gesellschaft verankert sind und ihre Einflüsse auch in vielen anderen Kulturformen zu erkennen sind, ist es ein Leichtes, sich allumfassend über die Einzelheiten zu informieren, oder was noch besser ist, einer Live Aufführung beizuwohnen.
Selbst wer dem Theater als solchem nicht besonders viel abgewinnen kann, wird bei Museumsausstellungen oder Videomitschnitten schnell von der Vielseitigkeit begeistert sein. Natürlich ist es in einer schnelllebigen Zeit wie heute nicht immer einfach, diese Traditionen zu bewahren. Etwas mehr haben wir diesbezüglich in unserem Artikel Traditionen in Japan, sie bewahren und weiterentwickeln geschrieben.
Das Nationalmuseum in Ueno, Tokyo, veranstaltet noch bis zum 13. März 2022 eine Sonderausstellung zum Thema der oben genannten Theaterformen.