Der Fujisan Longride ist ein Teil der Tour de Nippon, welche das ganze Jahr hindurch im ganzen Land veranstaltet wird. Der Longride selbst wird jedes Jahr Anfang September veranstaltet und ist dabei eine der bekanntesten Radveranstaltungen in Japan. Er bietet seinen Teilnehmern auf der Grundlage von verschiedenen Distanzen und Schwierigkeitsgraden die Möglichkeit, die eigene Leistungsfähigkeit zu testen.
Während der gesamten Tour entlang der fünf Seen des Berges Fuji geht es nicht nur durch kleinere Ortschaften. Hier entdeckt man die vielseitige landschaftliche Schönheit der Umgebung des Fuji und der umliegenden Gebirge.


Drei Strecken und gute Vorbereitung
Wenn man am Fujisan Longride teilnehmen möchte, ist es notwendig, im Vorfeld eine kostenpflichtige Reservierung zu machen. Dabei kann man aus drei verschiedenen Strecken mit jeweils unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden auswählen. Für Anfänger oder Familien mit Kindern bietet sich hierbei die 30 Kilometer lange Strecke an, für Geübte die Strecke mit einer Länge von 60 Kilometern und für die ganz Hartgesottenen gibt es auch noch die vollen 130 Kilometer. Man hat zudem die Möglichkeit, ein Fahrrad zu mieten. Dabei gibt es alles von Rennrädern bis zu Mountainbikes in allen erdenklichen Größen, sodass jeder die Tour so angenehm, aber vor allem auch sicher, erleben kann, wie er mag.
Die Teilnahmegebühren für die drei Strecken betragen 9.000 Yen für die 130 Kilometer, 6.000 Yen für die 60 Kilometer und 4.000 Yen für die 30 Kilometer Distanz. Die Gebühr für das Leihfahrrad beträgt zusätzliche 5.400 Yen, einschließlich Ausrüstung wie Helm und Handschuhe.
Wer sich jetzt denkt, wo bleibt die Herausforderung, dem sei allerdings auch gesagt, dass sich die zu fahrende Strecke nicht nur über eine flache Ebene erstreckt. Es gibt zahlreiche und teilweise sehr schwierige Steigungen, die gemeistert werden wollen. Das Event selbst beginnt und endet jeweils am südlichen Ufer des Yamanakako Sees und je nach Länge führt die Strecke entlang aller fünf Seen des Berges Fuji.
Der Fujisan Longride selbst ist hervorragend organisiert und so versammeln sich die Teilnehmer bereits um 8 Uhr morgens am Veranstaltungsort, um sich aufzuwärmen oder ihre Leihfahrräder abzuholen. Ab 9 Uhr beginnt dann gestaffelt der Start für die jeweiligen Strecken. Die 130 Kilometer Fahrer starten als erstes und die Teilnehmer der 30 Kilometer Tour als letztes. Bis um 17 Uhr muss der Kurs darüber hinaus geschafft und das Ziel erreicht sein.
Auch wenn entlang der Strecke mehrere feste Stationen für eine Pause und Verpflegung eingerichtet sind, sollte man zusätzlich selbst etwas zum Trinken und vielleicht etwas zum Essen mitnehmen. Je nach Wetterlage kann darüber hinaus die Tour auch ein wenig beschwerlicher werden, oder im schlimmsten Fall auch komplett abgesagt werden. Als wir das zweite Mal teilnehmen wollte, kreuzte zum Beispiel ein Taifun unseren Weg und alles wurde abgesagt.


Unsere erste Tour: Wir wussten nicht, was uns erwartet
Wir sind über unsere Firma auf den Fujisan Longride aufmerksam geworden und wussten auch erst gar nicht, was uns erwartet. Wir ließen uns für den 60 Kilometer Kurs eintragen, welcher auch als Joyride bezeichnet wird. Was sollte also schon groß schiefgehen? Da unsere Gruppe von der Firma organisiert wurde, konnten wir uns selbst keine Fahrräder aussuchen, sondern wir bekamen jeweils ein Rennrad gestellt, das dann aber natürlich auf unsere Größe angepasst wurde.
Susann war bis zu diesem Zeitpunkt noch nie mit einem Rennrad gefahren und auch ich, obwohl früher bereits damit gefahren bin, bin eher der Freund von Mountainbikes mit ihren breiten Reifen und geraden Lenkern. An sich macht es mir aber nichts aus, auf was für einem Fahrrad ich fahre. Nur ein Fahrradhelm ist für mich persönlich immer sehr ungewohnt, da ich ihn privat nicht trage.
Nachdem wir also eine kleine Proberunde gefahren waren und dazu noch ein paar Fotos vor dem Fujisan selbst gemacht hatten, begaben wir uns zur Startposition. Hier befanden sich bereits zahlreiche Teilnehmer, die auf den Startschuss warteten. Die Fahrer des 130 Kilometer Kurses waren bereits auf dem Weg und somit warteten wir nun auch auf den Startschuss.
Das Teilnehmerfeld war extrem bunt. Männer, Frauen und Kinder waren dort. Sie waren mal mehr und mal weniger professionell ausgerüstet mit entsprechenden Shirts aber auch gepolsterten Hosen. Was für eine geniale Idee! In kleinen Gruppen wurden die Fahrer dann auf die Strecke geschickt und somit machten auch wir uns daran, den Fujisan Longride zu meistern.
Sebastian und das Erkennen der eigenen Belastungsgrenze
Die ersten 10 Kilometer des Fujisan Longride führten primär durch die umliegenden Ortschaften und über ebene Straßen. Oftmals musste man noch die Straße an einer Ampel überqueren und somit kam man innerhalb einer kleinen Traube aus Radfahrern zum Stehen. Ich war schon immer jemand, der sich ein wenig schneller vorwärts bewegt. Egal ob zu Fuß oder auf dem Rad, ich muss meinen Körper immer an meine Belastungsgrenze treiben, während Susann es eher ein wenig schonender und oftmals auch klüger angeht.
Dennoch ging es relativ zügig voran und bis wir den ersten geplanten Stopp erreichten, gab es hauptsächlich eine Steigung, die doch ganz schön anstrengend war. Erstaunlich war allerdings, wie gut trainiert teilweise schon die Kinder waren, die diesen ersten Berg meisterten.
Auch wenn ich gerade zum Ende ganz schön zu kämpfen hatte, schaffte ich die Steigung ohne abzusteigen. Zu meiner Verteidigung sei hier aber auch gesagt, dass wir erst wenige Monate zuvor im Juni nach Japan gekommen waren. Die erste Zeit verbrachten wir hauptsächlich mit Entspannung und Genuss, sodass ich trotz meiner relativ guten Kondition nicht das beste Fitnesslevel hatte.


Ein wenig stressig wurde es dann allerdings, als die von Autos befahrene Straße extrem steil nach unten ging und unzählige Schlaglöcher den Asphalt überdeckten. Bei meinem Fahrrad konnte man die Bremsen nur benutzen, indem man sich weit nach vorne beugte und am Unterlenker die Bremshebel betätigte. In meiner Jugend hatte ich ja wie gesagt bereits Rennräder. Diese hatten die Bremshebel allerdings nicht nur am Unterlenker, sondern auch oben, sodass man die Hände auch recht locker waagerecht vor dem Körper halten konnte, um zu bremsen.
Diese ungewohnte Körperhaltung war alles andere als angenehm und weil ich noch einen Rucksack bei mir hatte, der unser Gepäck von der Übernachtung zuvor enthielt, war schon relativ früh zu merken, wie mein Rücken langsam keine Lust mehr hatte.
Auf dem 60 Kilometer langen Fujisan Longride gab es insgesamt 3 Orte, wo man eine Pause einlegen konnte. Hier gab es frisch zubereitetes Essen und Trinken, um etwas Kraft zu tanken. Bis zum ersten Stopp fühlte sich das alles noch nicht so tragisch an und bis zum zweiten war auch noch alles okay für mich. Das Problem kam dann allerdings, als ich, nachdem ich den Höhepunkt einer Steigung erreichte, nicht das Schild zum dritten und letzten Stopp sah.
Ich hatte kein wirkliches Gefühl mehr, wie viele Kilometer ich bereits zurückgelegt hatte und somit fuhr ich relativ sorglos weiter bis ich den höchsten Punkt eines besonders steilen Aufstiegs kaum noch auf dem Fahrrad sitzend erreichte. Ich merkte wirklich, wie die Kraft aus meinem Körper entwich, und zwar nicht nur in meinen Beinen, sondern komplett.
Oben angekommen, stoppte ich einen Moment, legte das Fahrrad beiseite und ging einige Meter über eine Wiese am Rande des Waldes, da ich echt dachte, mich nun übergeben zu müssen. So fühlt es sich also an, wenn einem schlecht vor Erschöpfung wird. Das war mir bis zu diesem Zeitpunkt noch nie passiert.
Als ich mich wieder auf das Rad setzte, war der schwerste Teil nun auch geschafft. Mir taten der Rücken und der Hintern weh, aber da der Weg sich nun wieder den Seen näherte und sich das Fahrerfeld ein wenig zusammenschob, wusste ich, dass ich es bald geschafft hatte. Es waren noch ungefähr 5 Kilometer, die ich nun über ebene Straßen fuhr, bis ich endlich das Ziel erreichte und das Fahrrad einfach umkippte, während ich mich auf die Wiese fallen ließ. Ich war okay, aber das war schon ein ganz schön krasser Trip für jemanden, der nicht im Training ist.
Susann und die Jagd nach den Donuts
Mit dem Rad bin ich schon mein ganzes Leben gefahren, zur Schule, zu Freunden, in die Stadt und über die weiten Felder Mecklenburg-Vorpommerns. 60 Kilometer am Stück war ich allerdings noch nie unterwegs. Dafür musste ich zuerst nach Japan kommen. Und eine Herausforderung ist immer etwas Gutes! Rennräder sind aber auch schon wieder eine ganz andere Sache, denn das Hinunterbeugen, um bremsen zu können, war dann schon etwas gewöhnungsbedürftig.
Generell musste ich öfters mal auf Bergen absteigen und etwas gehen, worauf mich dann Japaner oft fragten, ob alles okay sei. Ja, war es, aber meine Kondition war damals einfach nicht die Beste. Wenn es dann wieder bergab ging, waren die Geschwindigkeiten dann doch recht schnell und da es auch ein paar Schlaglöcher auf dem Weg gab, sah ich sogar einen verletzten Radfahrer, welcher jedoch schon professionell verarztet wurde und einige Schürfwunden davongetragen hatte. Also lieber etwas abbremsen, um nicht die Kontrolle zu verlieren!


Die Aussichten waren traumhaft, genauso wie das Wetter. Irgendwie hatten wir mit Wolken gerechnet und keine Sonnencreme vorher aufgetragen und so hatte ich nach dem Fujisan Longride ein halbes Jahr lang gebräunte Kniestrümpfe an den Füßen, die selten dämlich aussahen. Also, immer schön eincremen!
Die Stopps waren super und das Essen und Trinken sehr lecker, bis ich dann zum dritten Stopp kam und bemerkte, dass Basti gar nicht dort war. Normalerweise hatte ich ihn immer noch erwischt, auch wenn er sich kurz darauf gleich wieder auf den Weg machte. Per Handy schreiben brachte auch nichts, also dachte ich einfach, dass er schon schneller wieder weg gewesen war, doch unsere Kollegin meinte, dass sie ihn gar nicht gesehen hatte. Also hoffte ich, dass alles gut war und hörte dann später die irre Geschichte, wie es dazu gekommen war.
Und wie kommen jetzt die Donuts ins Spiel? Als wir den Fujisan Longride beendet hatten, wurde uns eine Packung Donuts in Aussicht gestellt. Ich war übrigens die Letzte unseres Teams, die am Ziel ankam und war trotzdem sehr stolz auf mich. Zeit blieb danach wenig, denn es sollte gleich wieder zurück nach Tokyo gehen.
Für eine Massage, wie einige andere Radfahrer sie bekommen hatten, gab es leider keine Zeit mehr, aber immerhin bekamen wir die Donuts und schlangen sie herunter. Eigentlich schmeckten sie eher wie alte Mutzen vom Weihnachtsmarkt aber hey, wenn man 60 Kilometer mit dem Rad geschafft hat, nimmt man, was man kriegen kann!
Ein Erlebnis und viele Erfahrungen
Der Fujisan Longride ist für uns schon eine spezielle Erfahrung gewesen. Eigentlich fahren wir viel Rad, um gezielt von A nach B zu kommen und nicht, um unserer Fitness wegen. Dennoch hat uns dieses Erlebnis auch im Nachhinein so viel Spaß gemacht, dass wir das Jahr darauf gleich wieder teilnehmen wollten. Leider wurde das Event aufgrund eines Taifuns abgesagt und somit verbrachten wir dann einfach so eine schöne Zeit am Yamanakako See.
Der Fujisan Longride bietet für jeden Fahrradfreund die passende Tour, doch egal, wie gut die eigene Fitness ist: wenn man kein Profiradfahrer ist, sollte man sich darauf einstellen, dass auch die 60 Kilometer Strecke zwar schaffbar ist, jedoch auf keinen Fall unterschätzt werden sollte. Wir hoffen jedenfalls, dass wir in Zukunft die Tour noch einmal machen können. Dann werde ich aber versuchen, ein Mountainbike zu bekommen.
Auf der japanischen Webseite der Tour de Nippon kann man sich für den Fujisan Longride anmelden. Natürlich muss man die Seen am Berg Fuji nicht unbedingt mit dem Fahrrad erkunden. Andere Aktivitäten stellen wir in unserem Artikel Die Stadt Fujiyoshida – das Tor zum Berg Fuji vor.
Weitere Informationen

Ort: Fünf Seen am Fuji
Präfektur: Yamanashi
Webseite (JP)