Niigatas Echigo-Tsumari Art Field

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Lange ist es her, genau genommen im März 2019, da war ich zu Besuch in der Gegend um Echigo-Yuzawa in Niigata. Die Region könnt ihr direkt bequem mit dem Shinkansen von Tokyo aus erreichen. Zwar kann man hier auch ideal Skifahren, jedoch war dies nicht der Anlass meiner Reise. Ich wollte das Echigo-Tsumari Art Field besuchen.

Echigo-Tsumari ist eine ländliche Gegend in der Präfektur Niigata, welche nördlich von Tokyo liegt. Hier gibt es zahlreiche moderne Kunstinstallationen, die überall in der Region verteilt sind. Oftmals wird die örtliche Umgebung und Kultur direkt von den zahlreichen Künstlern mit einbezogen. Diese stammen sowohl aus Japan als auch anderen Ländern. Die Kunstwerke selbst befinden sich zum Beispiel in alten Gebäuden, in Museen, auf Reisfeldern oder in Wäldern.

Die Echigo-Tsumari Art Triennale

Alle drei Jahre findet im Sommer die Echigo-Tsumari Art Triennale in der Präfektur Niigata statt. Normalerweise wäre die nächste für 2021 vorgesehen gewesen, doch der Termin wurde aufgrund der Pandemie auf das Jahr 2022 verschoben.

Während dieses Kunstfestivals werden hunderte neue Kunstwerke geschaffen, die zusätzlich zu den permanenten Installationen ausgestellt werden. In den vergangenen Jahren fanden aber auch kleinere Events statt und man kann sich die größeren Ausstellungen ganz in Ruhe ansehen. Es gibt also immer etwas Neues zu entdecken.

Im Jahr 2000 wurde die Triennale das erste mal veranstaltet, um Besucher in die Gegend zu locken und auch, um potentielle Einwohner anzuziehen. Da viele junge Menschen primär in die großen Städte ziehen, da es dort bessere Chancen auf dem Jobmarkt gibt, hat es Niigata etwas schwer. Auch wegen dem Chuetsu-Erdbeben, das die Region im Jahr 2004 erschütterte, hatten die Anwohner lange Zeit zu kämpfen. Durch die vielen Kunstprojekte möchte man auch die Bevölkerung direkt mit einbeziehen und Verbindungen schaffen, welche lange anhalten.

Am besten ist es, wenn ihr von Tokyo aus mit dem Shinkansen nach Echigo-Yuzawa fahrt. Wenn ihr viel entdecken möchtet, ist es am einfachsten, sich vor Ort ein Auto zu mieten und die Gegend so ganz entspannt zu erkunden. Die Fahrt mit dem Zug dauert um die 80 Minuten und kostet nicht ganz 7.000 Yen, wenn ihr keinen JR Pass nutzen könnt.

Noh Butai

Es gibt so viele Kunstwerke, dass ich gar nicht alle aufführen kann. Ich selbst war an zwei Tagen in Niigata und habe nur einen Ausschnitt gesehen und doch war ich wirklich beeindruckt von der ganzen Vielfalt an moderner Kunst. Im Noh Butai Schnee-Land Agrar Kultur Zentrum zum Beispiel findet ihr Kunst in allen erdenklichen Farben, selbst die Toilette mutet an, als wäre man in einem Pop-Art Kunstwerk gelandet. Hier findet ihr viele Informationen zu der Art Triennale und es gibt im Museum und auch außerhalb auf dem Gelände reichlich zu entdecken.

Ihr könnt im blauen Speisesaal zu Mittag essen und wenn ihr zu einer Zeit kommt, wo Schnee liegt, habt ihr ebenso die Möglichkeit, in der Nähe Schlitten zu fahren. Sehr viele Kinder hatten sich damals dort eingefunden und fuhren lachend die kleinen Hügel hinunter. Begrüßt werdet ihr übrigens von vielen Puppen mit orangen Tüchern, die aussehen, als würden sie auf die Besucher warten.

Gift for Frozen Village

Wer ein ganz besonderes Feuerwerk erleben will, der sollte sich definitiv Gift for Frozen Village anschauen. Im Winter 2011 fand dieses ganz besondere Feuerwerk das erste Mal in Niigata statt. Es wird auch „Blumenfeld des Lichts“ genannt, was ziemlich gut ausdrückt, was ihr hier erleben könnt.

Freiwillige Helfer und Besucher pflanzen 30.000 „Lichtsamen“ in verschiedenen Farben in das Schneefeld, um eine Nacht lang ein ganz besonderes Spektakel zu erschaffen. Das Feuerwerk wurde vom Künstler Takahashi Kyota entworfen, der für seine Lichtinstallationen bekannt ist.

Bevor die große Show beginnt, könnt ihr euch mit leckerem Essen eindecken. Es gibt Ramen, Udon, Fingerfood, Bier und auch Desserts wie gebratenen Baumkuchen mit Karamellsauce, Puderzucker und Mandelblättchen. Doch solltet ihr nicht zu spät dort sein, denn die Schlangen können lang werden vor den Essensständen und schnell sind die Leckereien ausverkauft.

Das Feuerwerk selbst ist ein richtiges Spektakel und es hat etwas sehr Heimeliges, wenn man dieses im tiefsten Winter im schönen Niigata betrachten kann, insbesondere, da sowohl der Boden als auch der Himmel hell erleuchtet sind. Normalerweise finden Feuerwerke in Japan im Sommer statt. Es erinnerte mich alles sehr an Deutschland und Silvester, aber noch einmal einen Ticken schöner und aufregender. Hier seid ihr tatsächlich in ein Meer von Farben gehüllt.

Übrigens gibt es noch ein weiteres Kunstwerk, welches den Fokus auf das Licht legt: das House of Light, oder auch Haus des Lichts. Dieses wurde von James Turrell entworfen, einem amerikanischen Künstler. Es verbindet traditionelle japanische Innenarchitektur mit der künstlerischen Nutzung von Licht. Auch eine Übernachtung ist hier möglich. Besonders für etwas größere Gruppen ist dies ein tolles Erlebnis. Das Haus bietet eine wunderschöne Aussicht auf die schneebedeckten Ebenen und Berge der Gegend um Niigata.

Satoyama Museum für zeitgenössische Kunst

Das Museum beherbergt eine Sammlung von Werken, in deren Mittelpunkt die Natur und der Mensch sowie die Interaktion zwischen ihnen stehen. Hier finden während der Art Triennale viele Events statt und ihr könnt euch ganz genau über alle Kunstwerke informieren.

Der Begriff „Satoyama“ bezieht sich auf die Umgebung, in der die Einwohner von Niigata leben. Die Bewohner von Echigo-Tsumari leben in einer Bergregion mit strengen Wintern und sind stark von der Landwirtschaft abhängig, weshalb sie eine enge Beziehung zur Natur haben. Die Koexistenz dieser beiden Einheiten ist in „Satoyama“ enthalten, was „Dorf“ und „Berg“ bedeutet und sich auf die Grundstücke zwischen Berghängen und Ackerland bezieht, auf denen die Menschen leben und das Land bestellen.

Im Satoyama Museum können die Besucher abwechslungsreiche Kunstwerke besichtigen, wie z.B. „Ghost Satellites“, eine farbenfrohe und fantasievolle Installation, die aus alten landwirtschaftlichen Werkzeugen und Haushaltsgegenständen besteht. Diese Materialien wurden in verlassenen Häusern gesammelt und von den Bewohnern gespendet. Die Skulpturen bestehen aus Gegenständen wie Löffeln, Rattanstühlen, Badmintonschlägern und Fliegengittertüren.

Wenn ihr etwas mehr Zeit mitbringt, solltet ihr am besten an einer Führung teilnehmen, da ihr so definitiv einen besseren Einblick in die Kunstwerke und deren Hintergrund erhaltet. Es gibt zahlreiche Installationen und viele von ihnen regen auch zum Nachdenken an. Zum Entspannen gibt es zudem ein Café und selbstverständlich einen Souvenirladen.

Tunnel des Lichts

Der Tunnel des Lichts des chinesischen Architekten Ma Yansong befindet sich nahe der Kiyotsu Schlucht, welche an sich schon sehr spektakulär aussieht. Das Kunstwerk befindet sich in einem 750 Meter langen Tunnel und ist wohl eines der bekanntesten Motive des Echigo-Tsumari Art Fields in Niigata. Leuchtende Farben hüllen den Besucher ein: von kühlen Grün- und Blautönen bis hin zu warmen Orange- und Rosatönen.

Abgesehen von den Lichtern bietet der Tunnel auch vier Aussichtspunkte mit weiteren Kunstinstallationen. Von hier habt ihr wunderschöne Ausblicke auf die Schlucht. Die letzte Installation besteht aus einem flachen Wasserbecken, das sich über die gesamte Breite der Aussichtsplattform erstreckt, und einer metallisch reflektierenden Schicht über der gewölbten Decke und den Wänden. Der hierbei entstehende Kreis bietet ein tolles Fotomotiv.

Matsudai Heimatmuseum

Das 140 Jahre alte „Keyaki Minka“ wurde zum Ende der Edo-Zeit erbaut und ist ein traditionelles japanisches Haus, das aus Zelkova-Holz und 10 Meter hohen Säulen gebaut wurde, um es bei starkem Schneefall zu stützen. Das erhaltene Haus, das inzwischen in ein Heimatmuseum umgewandelt wurde, verfügt über eine Feuerstelle, einen Teeraum, ein Gästezimmer und einen Tatami-Raum.

Doch hat dieses Museum noch mehr zu bieten als Artefakte und Informationen. Hier wird Yukimigozen angeboten. Wenn ihr den Tatami-Raum betretet, seht ihr kleine rot-schwarze Lacktische, auf denen eine Vielzahl von Gerichten präsentiert werden. Yumikigozen ist eine traditionelle Mahlzeit, die typisch für die Region um Niigata ist und in kalten Wintern serviert wurde. Nach einer speziellen Anmeldung kommt ihr in den Genuss von hausgemachten Gerichten, die von den Einheimischen, hauptsächlich kopftuchtragenden Obaachans (Großmüttern) in Schürzen, zubereitet und serviert werden.

Bevor das Festmahl beginnt, werden alle Tassen mit Sake gefüllt, denn in Niigata wird erstklassiger Reis angebaut. Es wird ein Toast ausgebracht, der ganze Raum ruft „Kanpai!“ und das Festmahl beginnt. Eingelegte Salate und Kürbis stehen auf dem Speiseplan, frische Gemüsesorten, geröstete Kartoffeln, kandierte Süßkartoffeln, leckerer Fisch und vieles mehr.

Während ihr eure Mahlzeit genießt, füllen die Großmütterchen die Teller erneut auf und schenken Sake nach. Hier kommt man garantiert nicht hungrig wieder raus. Das Yumikigozen ist eine gute Wahl für alle, die authentische japanische Bergküche probieren möchten.

Definitiv sehenswert

Wenn ihr euch für Kunst interessiert, werdet ihr vom Echigo-Tsumari Art Field in Niigata begeistert sein! Und das Gute ist: auch wenn ihr schon einmal dort wart, lohnt sich der Besuch auch mehrmals, da immer neue Kunstwerke dazu kommen. Insbesondere, wenn ihr moderne Kunst mögt, solltet ihr diese Region von Japan besuchen und auch in das ländliche Leben eintauchen. Wer gerne Ski fährt, kann beides auch sehr gut miteinander verbinden.

Ein weiterer toller Ausflugsort von Tokyo aus ist übrigens auch Kusatsu Onsen. Wenn ihr Schnee und Onsen mögt, werdet ihr dieses kleine Juwel lieben!

Weitere Informationen

Japan meine Liebe foto von Susann Schuster

Ort: Echigo-Tsumari Art Field
Präfektur: Niigata
Webseite (EN)

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