Wandern auf dem Koburi Pass – eine Eskalation

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Der Koburi Pass in Saitama gilt oftmals noch als ein kleiner Geheimtipp für Wanderfreunde. Obwohl er sich durch ein ausgedehntes Naturgebiet zieht, wird dieser Pass bei Ratgebern für Wanderrouten in Japan oftmals übergangen. Natürlich kann man das auch von zahlreichen anderen Wanderwegen hier im Land behaupten, denn es gibt einfach zu viele, als dass man sie wirklich alle aufzählen könnte.

Gemeinsam mit unserer Freundin Ai haben wir uns aber mit dem Zug in Richtung Agano Station in der Stadt Hanno gemacht, um einen Trip anzutreten, der im Laufe des Abends zu eskalieren begann.

Ankommen in Agano und die Suche nach dem Koburi Pass

Die Fahrt zur Agano Station war relativ unkompliziert. Man steigt in Ikebukuro in den Zug. Dann folgt ein Umstieg in Hanno, wo es dann nicht mehr weit bis nach Agano ist. Die Fahrt ist recht günstig und man braucht nicht ganz 1,5 Stunden, um dorthin zu gelangen. Die Region um die Agano Station ist ein beschaulicher kleiner Ort umgeben von Bergen.

Wir stiegen also aus dem Zug und machten uns daran, den Weg zum Koburi Pass zu finden. Entlang der Straße fanden wir eine Gebietskarte, an der wir uns dann orientierten. Zugleich nutzte Susann die Zeit, um die ersten Fotos zu machen, z.B. von einem orangenen Schmetterling inmitten eines Kakibaums mit gleichfarbigen Früchten.

Nach einer Weile fanden wir dann auch endlich den richtigen Zugang. Doch bevor wir uns wirklich auf den Weg machten, holte ich noch eine Flasche Tee am wohl letzten Getränkeautomaten, den wir den Tag über sehen würden. Wir hatten zwar einiges an Proviant dabei, aber man sollte die Anstrengung einer solchen Tour, vor allem wenn man den Weg zum ersten Mal geht, nicht unterschätzen.

Als wir die Flasche einpacken wollten, wunderten wir uns über den nicht enden wollenden Signalton vom Getränkeautomat und ein genauerer Blick verriet uns, was passiert war. Auf der Anzeige für das eingeworfene Geld erschien blinkend „7777“ und wir konnten uns einen Gratisdrink aussuchen. Susann und Ai sahen zum ersten Mal, dass man an diesen Automaten etwas gratis bekommen kann. Ich hatte bereits zum dritten Mal dieses Glück. Da sagt man natürlich nicht nein, drückt noch schnell den Knopf für eine Limo und macht sich dann weiter auf den Weg den Berg hinauf. Wir hatten also einen vielversprechenden Start bei unserer Wanderung auf dem Koburi Pass.

Zu Beginn war der Weg noch relativ unspektakulär. Zwar waren wir links und rechts von schöner Natur umgeben und konnten kleine, klare Bäche ausmachen, doch der Weg selbst war noch immer eine asphaltierte Straße, auf der wir liefen. Susann hatte sich im Vorfeld bei ihrer Suche nach einem geeigneten Wanderpfad über den Koburi Pass informiert und auch eine detaillierte Wegbeschreibung gefunden. Das Problem bei diesen Wegen ist oftmals, dass sie zwar ausgeschildert sind, aber nicht immer mit dem Namen des Weges markiert sind, sondern einzelne Zwischenstationen beschreiben. Wenn man nun aber an einer Abzweigung steht und nicht genau weiß, was der nächste Zielpunkt ist, kann es schnell passieren, dass man sich verläuft.

Wir nahmen uns vor, von der Agano Station den Weg entlang bis zur anderen Seite zur Higashi Agano Station zu wandern. Nun ist es aber so, dass es lange Zeit gar keine Schilder gibt, die den Weg zur Higashi Agano Station anzeigen, sondern nur bis zur Agano Station oder einzelne Aussichtspunkte auf der Strecke des Weges. Daher ist es immer gut, dass man sich vor einer Tageswanderung ein wenig vorbereitet. Denn vor allem bei weniger bekannten Wanderrouten ist es seltener der Fall, dass man auf andere Wanderer trifft, die man eventuell nach dem Weg fragen kann.

Eine entspannende Wanderung und leckeres Bento

Endlich konnten wir den Asphalt verlassen und wurden gleich mit einer Warnung überrascht. Ein Schild wies uns darauf hin, dass man auf den Schlamm aufpassen soll, da dort irgendwelche Viren drin sind. Also nicht die Latschen anfassen und sie beim Verlassen ein wenig säubern.

Endlich ging es nun auch den Berg hinauf über schmale Wege, zahlreiche Äste und rutschige Steine – so wie man sich das bei einer anständigen Wanderung vorstellt. Manchmal verzweigte sich der Weg und wir mussten uns anhand der Schilder orientieren oder einfach selbst den richtigen Pfad auswählen, um am besten die Steigung hinaufzukommen. Wie bereits geschrieben, kamen uns bei diesem Trip kaum andere Wanderer entgegen, sodass wir die Ruhe zumeist ganz allein genießen konnten. Der Koburi Pass ist einer der Wanderwege, welcher zum Glück nicht so bekannt ist.

Ich selbst war darüber hinaus auf der Suche nach einem passenden Ort, um unsere Drohne fliegen zu lassen. Wir hatten uns vorher ein wenig informiert über die Drohnenregeln in Saitama, und da der Koburi Pass von der Präfektur selbst verwaltet wird, waren die allgemeinen Regeln ziemlich eindeutig und abgesehen von den Regeln des MLIT hatten wir keine Einschränkungen. Einen detaillierten, immer aktuell gehaltenen Artikel zu den Regeln von Drohnenflügen in Japan findet ihr ebenfalls auf unserem Blog im Artikel: Eine Drohne fliegen in Japan

Auf unserer Suche nach einem geeigneten Platz für eine Pause entdeckten wir ein kleines Udon-Restaurant mit Ausblick über das Tal. Es lag an einer Bergstraße, die auch mit Autos befahren werden konnte und war darüber hinaus auch relativ gut besucht. Ai hatte sich dennoch die Mühe gemacht, zuvor frische Bento für uns drei vorzubereiten, sodass wir einen anderen Pausenplatz suchten. Außerdem sollte es hier einen kleinen Schrein geben, den wir auch gerne einmal sehen wollten. Vor diesem Restaurant war es erst einmal relativ schwer, sich zu orientieren.

Es gab zwar eine große Karte vom umliegenden Naturpark mit all seinen Wegen, doch neben der Hauptstraße gab es weitere schmale Wege den Berg hinauf und zurück in den Wald. Das machte es ein wenig schwer, den richtigen Weg zu finden. Wir beschlossen also, den rechten Weg hinaufzunehmen, weil wir dort den Schrein vermuteten, in dessen Umgebung wir vielleicht etwas essen konnten.

Wie ich selbst so bin, wetzte ich den steilen Hang hinauf und glaubte, durch die hohen Bäume hindurch ein Gebäude zu erkennen. War das vielleicht der Schrein, den wir suchten? Fehlanzeige, es war ein gigantischer toter weißer Baum, sah dennoch toll aus. Zugleich fanden wir hier eine kleine Fläche am Rand des Berges, wo wir unsere Pause machen konnten. Also hockten wir uns auf unsere Taschen, packten das frische Bento aus und genossen die Aussicht und das Essen.

Nachdem wir fertig gegessen hatten, packten wir die Drohe aus und ließen sie hoch über das Tal aufsteigen. Der Himmel war ein wenig bewölkt, daher war es ein wenig schwer, richtig schöne Fotos zu bekommen, doch Videos aus dieser Höhe aufgenommen, sind immer wieder faszinierend.

Mit der Drohne über dem Koburi Pass (Video)

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Mit der Drohne über dem Koburi Pass in Saitama, Japan

Nach einem 20-minütigen Flug über den Koburi Pass holten wir die Drohne wieder zurück und packten unsere Sachen, um uns wieder auf den Weg zu machen. Noch hatten wir den Schrein nicht gefunden und da der Weg hier oben nicht weiterging, marschierten wir wieder den steilen Abhang hinunter.

Bevor wir nun aber den Schrein erreichten, wurden wir von einem Schild in Katzenform am Straßenrand abgelenkt mit der Aufschrift „Closed“. Die steile Straße hinunter befand sich ein Café und eine Katze, welche sich sogleich die Aufmerksamkeit von Ai und Susann einholte. Auf dem Weg zu ihr und wieder zurück mussten wir uns auf der Zufahrt ducken, da sich ein gigantisches Spinnennetz mit einer Spinne im Zentrum darüber befand. Dies sollte nicht die letzte Spinne sein, die versuchte, uns den Weg zu versperren.

Eine Weile folgten wir dann der asphaltierten Hauptstraße und fanden ein neues Schild, was uns den Weg zum Schrein deutete. Der Schrein selbst lag mitten im Wald und wirkte ein wenig vereinsamt. Wir sahen uns ein wenig um, zollten unseren Respekt und verließen dann das Gelände auf der anderen Seite, wo wir für ein anderes Projekt, von dem wir euch an einer anderen Stelle erzählen werden, einige Videoaufnahmen machten.

Wir fanden noch einen weiteren Platz auf einer hohen Ebene, wo wir die Drohne starten lassen konnten und Ai fing uns und die Umgebung rund um den Koburi Pass ein. Wir verließen den Wald und erreichten ein kleines Farmdorf, durch das wir hindurch mussten. Auf der anderen Seite ging es dann wieder in den Wald hinein und laut der Schilder sollte es nun nicht mehr allzu weit sein, bis wir die Station Higashi Agano und somit das Ende des Koburi Passes erreichen würden. Wir folgen einigen weiteren Schildern und freuten uns schon auf die Rückfahrt nach Tokyo, wo wir Ai dann eigentlich als Dank für die Bento zum Essen einladen wollten. Doch alles kam anders als gedacht.

Das ist schnell eskaliert auf dem Koburi Pass

Mit einem Mal standen wir an einem Schild, welches in zwei verschiedene Richtungen deutete. Keine von beiden hatte wie zuvor die Aufschrift Higashi Agano. Wo sollten wir nun lang gehen? Hatten wir ein Schild verpasst? Um auf Nummer sicher zu gehen, liefen wir wieder zurück und merkten, dass wir keine Abzweigung verpasst hatten.

Die Dunkelheit war bereits eingebrochen und wir nutzen die Lampen unserer Smartphones, um zu sehen, wo wir hintraten. Zum Glück hatte ich einen starken Ersatzakku dabei und zwei unserer Telefone waren somit voll aufgeladen. Ai und Susann versuchten, unsere Position anhand von Kartenapps zu finden und einen Weg, wie wir am schnellsten aus dem Wald herauskommen würden.

Viele Wege waren nicht eingezeichnet, doch etwas weiter in Richtung Norden auf der anderen Seite eines schmalen Bachs sollte eine Straße sein, die bis zur Bahnstation führt. Wir versuchten unser Glück und ich ging vor. Es war dunkel und der Weg wandte sich immer wieder von links nach rechts, wobei wir sehr darauf bedacht waren, nicht versehentlich eine Abzweigung zu nehmen.

Mit der Zeit konnten wir dann auch das Wasser hören und Lichter der Straße auf der anderen Seite. Leider führte der Weg dann kurz darauf wieder tiefer in den Wald hinein und den Berg hinauf und so beschlossen wir, wieder zurück in Richtung des Farmdorfes zu gehen, weil von dort die Hauptstraße scheinbar zu erreichen war. Also den Berg wieder hinauf, immer darauf achtend, wo wir hintraten. So hatten wir uns unsere Wanderung auf dem Koburi Pass nicht vorgestellt.

Da ich selbst vorging, passierte es auch nicht selten, dass ich in ein Spinnennetz lief, und mich dabei beinahe blind von der Spinne befreien musste. Es war ein seltsames Gefühl und wir hofften einfach nur, dass wir nicht den letzten Zug in Richtung Tokyo verpassen würden. In der Nähe des Farmdorfes fanden wir eine kleine Karte, welche aber falsch herum aufgestellt war, sodass es schwer war, sich zu orientieren. Das GPS war hier auch nicht besonders genau und so folgten wir einem Schild mit der Aufschrift „Straße für Fahrzeuge“.

Schon wieder erreichten wir das Ende der Straße und standen auf einmal auf dem Grundstück eines Wohnhauses, mitten im Nirgendwo. Ai schlug vor, dass wir dort einmal nach dem Weg fragen sollten. Nach einigen Rufen kam der Hausherr heraus und war ein wenig verwirrt. Ai wollte von ihm wissen, wie wir zur Hauptstraße kommen, doch er sagte uns immer wieder, dass das nicht gehen würde und wir den Wanderpfad bis zur Higashi Agano Station entlang laufen müssten.

Wir vertrauten dem Mann und machten uns wieder auf den Weg in die Finsternis des Waldes bis nach einigen Metern ein gigantisches Spinnennetz den Weg versperrte. Ich suchte einen langen Stock und machte vorsichtig den Weg frei. Auch hier lief ich wieder voran, den Stock vor mir immer wieder hin und her schwingend, sodass wir nicht noch einmal in eines dieser Spinnennetze laufen würden. Es dauerte bestimmt noch knapp 45 Minuten bis wir dann endlich den Wald verlassen konnten und wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Zivilisation! Wir folgten der Straße bis wir dann endlich die beleuchtete Higashi Agano Station erreichten und somit offiziell den Koburi Pass hinter uns gelassen hatten.

Von Higashi Agano zurück nach Tokyo

Das war ein beträchtlicher Trip und wir waren wirklich fertig. Eigentlich war die angegebene Dauer eher 3 bis 5 Stunden, wenn man den gesamten Koburi Pass entlang läuft, doch wir waren letztendlich 9 Stunden unterwegs.

Im Zug machten wir noch einige Aufnahmen für das bereits erwähnte Projekt und schauten uns die Fotos und Videos an, die wir aufgenommen hatten. Unser „Signature Move“ bei dieser Wanderung war ganz klar der Krabbengang. Wir erreichten Ikebukuro müde aber froh und merkten schnell, dass viele Restaurants bereits geschlossen waren. Wir alle konnten darüber hinaus unsere Müdigkeit nicht mehr verbergen, und so beschlossen wir, uns ein anderes Mal zum gemeinsamen Essen zu verabreden. Wir verabschiedeten uns und machten uns nun jeweils auf den Heimweg.

Nicht alleine auf Technik und Schilder verlassen!

Dass es am Ende so eskaliert, hatten wir nicht erwartet. Wir hatten gehofft, mit Ai eine entspannte Wanderung zu machen und sie gemeinsam mit einem schönen Essen abzuschließen. Doch es sollte anders kommen als geplant und wir merkten wieder einmal schnell, dass es wichtig ist, sich nicht allein auf Apps oder Wegweiser zu verlassen. Es ist wichtig, ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen. Am besten, man nimmt zudem einen Kompass und natürlich genug Verpflegung und Taschenlampen mit, sollte etwas Unvorhergesehenes passieren.

Auf dem Koburi Pass entlangzuwandern, war schon ein tolles Erlebnis, doch auch eines, was wir so schnell in dieser Art nicht noch mal machen möchten. Wir hoffen jedenfalls, dass Ai nun nicht davon abgeschreckt ist und, sobald wir sie zu einer entspannten Wanderung einladen, dankend abwinkt.

Weitere Wanderberichte für einen Tag oder auch mehrere Tage findet ihr auf unserem Blog in der Kategorie Wandern.

Weitere Informationen

Japan meine Liebe foto von Susann Schuster

Ort: Wanderweg Koburi Pass
Präfektur: Saitama
Webseite (EN)

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